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Zabel auf dem Rückzug

Wollen Ullrich und Klöden ihn nicht im Tour-Team?

Camp de Mar (dpa). Erik Zabel ist auf dem Rückzug. Nicht etwa, weil ihm sein ehemaliger Helfer Danilo Hondo für Mailand-San-Remo am 19. März den Kampf angesagt hat.

Der Vize-Weltmeister vom T-Mobile-Team scheint der große Verlierer der Saison 2005 zu werden, noch bevor diese begonnen hat. Die Weltrangliste, die Zabel 107 Wochen anführte, existiert nach der jetzt greifenden ProTour-Regelung nicht mehr. Die Weltcup-Wertung, die der 34-jährige Berliner vor fünf Jahren gewann, ist ebenso zu den Akten gelegt. Obendrein hat sein Team dem Druck von Jan Ullrich und Andreas Klöden nachgegeben, auf Zabel bei der nächsten Tour de France zu verzichten. Der an hochkarätigen Siegen gemessen erfolgreichste deutsche Radprofi steht vor seiner schwierigsten Saison.
Ein Verzicht auf Zabel bei der Frankreich-Rundfahrt wird auf der Führungsebene des Teams natürlich zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht öffentlich diskutiert. Viel zu groß ist das Risiko, dass Zabel, bisher immer die Zuverlässigkeit in Person, im Juli noch dringend gebraucht werden könnte. Doch die Worte des sechsfachen Gewinners des Grünen Trikots, der bei 12 Tour-Etappen triumphierte, im Trainingslager waren deutlich: »Sicher gibt es eine gewisse Richtung in der Leitung. Wir sind ja kein basisdemokratischer Männerverein - der Manager trifft die Entscheidung. Der 'Schwarze Peter' wäre dann nicht am Start. Den hätte ein anderer im Team - der muss die Tour gewinnen.« Elf Mal war Zabel dabei.
Trotz düsterer Prognosen treibt Zabel, unlängst von einem Fersenbeinbruch genesen, zur Zeit anderes um: Mailand - San-Remo steht vor der Tür, sein Lieblingsrennen, das er im Vorjahr so unglücklich verlor, weil er zu früh jubelte und noch vom Spanier Oscar Freire abgefangen wurde. Die Niederlage verfolgt ihn weiter: »Sie verlässt mich nie mehr in meinem Leben. Sie hat mehr Aufmerksamkeit erregt, als meine vier Siege dort.«
Ein ähnlich magisches Datum ist dirser Frühjahrs-Klassiker für seinen ehemaligen Telekom-Mitstreiter Hondo, der seit dem vergangenen Jahr bei Gerolsteiner strampelt. »Ich will in San Remo gewinnen«, sagt der in Lugano lebende Cottbuser, der für 2005 noch zwei weitere Erfolge anpeilt: »Den ersten Tour-Etappensieg und die WM im September in Madrid.« Im Februar hofft er auf eine Vertragsverlängerung.
»Ich habe so viel trainiert wie noch nie, bisher bin ich bei knapp 5000 Kilometer«, erzählt Hondo, der im Dezember mit Ullrich in Südafrika war und jetzt auf Mallorca Trainings-Kilometer abspult. Am 9. Februar nimmt Hondo bei seinem Saisonauftakt bei der Mittelmeer-Rundfahrt Anlauf auf Mailand. Zabel beginnt zur gleichen Zeit bei der Mallorca-Rundfahrt. »Natürlich kann ich Eriks Erfolge nicht mehr aufholen. Aber ich bin ein ernst zu nehmender Gegner geworden und aus seinem Schatten getreten. Ich würde mir Erik auch bei der Tour als Gegner wünschen«, meint Hondo, der Zabel bei der WM in Verona den Spurt anzog und damit auf seine eigene Chance verzichtete. Das war vermutlich seine letzte gute Tat für den Berliner.

Artikel vom 14.01.2005