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Sie haben die Flut überlebt, doch das Lachen täuscht. Die Kinder sind vielfach traumatisiert.

Waisenheim ins Meer gespült

Die überlebenden Kinder sind völlig traumatisiert


Von Can Merey
Kilinochchi (dpa). Vinojan trägt den Schlüssel zum Koffer noch um den Hals, schließlich war der Koffer alles, was der Elfjährige noch besaß. »Da waren meine Anziehsachen und alle meine Bücher drin«, sagt der Junge mit den traurigen dunklen Augen. Das ganze Waisenheim, in dem Vinojan in Mullaittivu im schwer zugänglichen Rebellengebiet Sri Lankas lebte, haben die Flutwellen mit sich gerissen. 123 der 175 Waisenkinder starben. Es ist eine Tragödie, die weltweit Entsetzen hervorgerufen hätte - wäre sie nicht durch das Ausmaß der Flutkatastrophe in den Hintergrund gedrängt worden.
Der Bürgerkrieg im Tamilengebiet Sri Lankas hatte vielen der Kinder in Mullaittivu bereits die Eltern geraubt. Indirekt hat er nun dazu beigetragen, dass sie ein zweites Mal ihr Zuhause verloren. Mullaittivu war bei den Kämpfen zerstört worden, beim Wiederaufbau der Häuser, so heißt es, sei wenig auf Qualität geachtet worden. Die Häuser, auch das Waisenheim, konnten der Wucht der Wellen kaum etwas entgegensetzen. Von den meisten ist nichts mehr übrig. »Es sieht aus wie nach einer Atombombenexplosion«, sagt ein Helfer. 3500 der 5000 Einwohner Mullaittivus starben.
Die Kinder, die überlebten, seien völlig traumatisiert, sagt Heimleiterin Palaninathan Piramila. »Sie wachen nachts auf und weinen.« Diejenigen, die auf Bäume oder Dächer gespült wurden, mussten mit ansehen, wie die Wellen die anderen zwei bis 16 Jahre alten Kinder ins Meer hinauszogen oder in den Stacheldrahtzaun drückten, der um das Heim herum stand.«

Artikel vom 13.01.2005