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Leitartikel
Anonyme DNA-Tests

Wenn Väter sich nicht
sicher sind


Von Christian Althoff
Frauen haben's gut. Sie wissen genau, ob sie die Mutter eines Kindes sind. Zugegeben: Auch die meisten Männer können sich hundertprozentig sicher sein, dass sie die leiblichen Väter ihrer Kinder sind.
Aber was ist mit jenen Männern, an denen irgendwann der Zweifel nagt? Denen vielleicht Jahre nach der Geburt eines Kindes von außerhalb der Familie zugetragen wird, dass sie angeblich gar nicht der biologische Vater sind?
Väter, die sich Klarheit verschaffen wollen, haben im Wesentlichen zwei Möglichkeiten: Sie können vor einem Amtsgericht eine Feststellungsklage einreichen oder mit Hilfe einer Speichelprobe des Kindes die Vaterschaftsfrage von einem privaten Labor klären lassen - ohne dass Ehefrau oder Kind davon erfährt.
Letzteres ist Bundesjustizministerin Brigitte Zypries seit kurzem ein Dorn im Auge. Noch in diesem Jahr, kündigte die Sozialdemokratin an, wolle sie anonyme Vaterschaftstest unter Strafe stellen. Denn sie bedeuteten einen schweren Eingriff in die Intimsphäre, meint die Ministerin.
Sie verkennt die Vorteile, die ein anonymer Test bietet. Mit ihm kann ein Mann für sich allein klären, ob er der biologische Vater eines Kindes ist oder nicht. Und er kann sich anschließend in Ruhe überlegen, ob er aus dem Ergebnis überhaupt Konsequenzen zieht oder die Wahrheit für sich behält. Vielleicht will er ja ein »fremdes« Kind als das eigene akzeptieren, weil er ihm schon seit vielen Jahren ein guter Vater ist und das Kind genauso liebt, als wäre es sein eigenes?
Diese Möglichkeit, die letztlich auch dem Wohl des Kindes dient, zerschlägt die Ministerin. Wenn sie künftig jeden zweifelnden Vater dazu zwingt, sich seiner Frau und seinem Kind zu offenbaren und den Klageweg zu beschreiten, werden viele Familien daran zerbrechen. Nur am Rande sei erwähnt, dass die Klage mehrere tausend Euro kostet und es Monate dauert, bis das Familiengericht sein Urteil fällt - während bei Nutzung eines privaten Labors bereits nach wenigen Tagen Klarheit herrscht, und das zu einem Bruchteil der Kosten.
Wenn die Ministerin von einem schweren Eingriff in die Intimsphäre spricht, muss die Frage erlaubt sein, welcher Eingriff denn schwerer wiegt: den speichelbenetzten Schnuller eines Kindes in ein Labor zu schicken, oder aber Frau und Kind mit den eigenen Zweifeln zu konfrontieren?
Brigitte Zypries versteigt sich ohne Not zu einer Forderung, deren Auswirkungen sie offenbar nicht durchdacht hat. Um so mehr ist es zu begrüßen, dass der grüne Koalitionspartner voraussichtlich die Notbremse ziehen wird. Ausgerechnet jene Partei, die sonst an jeder Ecke eine Verletzung des Datenschutzes wittert, verweigert der Justizministerin diesmal die Treue. Ein anonymer Test biete Männern schließlich auch die Möglichkeit, einen »Kuckuckskind-Verdacht« auszuräumen. Dieses sei mit einer Klage nicht möglich, ohne zugleich die Ehe zu schädigen, meint die Fraktionsvorsitzende Katrin Göring-Eckardt.
Wer will ihr widersprechen?

Artikel vom 13.01.2005