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Geheim-Gentest kein Beweis

Vaterschafts-Zweifel: Bundesgerichtshof weist Klagen von Männer ab

Karlsruhe/Herford (dpa). Heimliche Vaterschaftstests sind als Beweismittel vor Gericht unzulässig. Das hat gestern der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden. Nach dem Grundsatzurteil verletzt ein Gentest ohne Einwilligung der Betroffenen das Persönlichkeitsrecht des Kindes.
Damit können Männer vor Gericht ihre Vaterschaft nicht unter Berufung auf solche Tests anfechten, sondern müssen andere konkrete Verdachtsmomente nennen, die Zweifel an ihrer Vaterschaft wecken. Das Karlsruher Gericht bestätigte zwei Urteile der Oberlandesgerichte Celle und Jena, in denen es um die Abstammung eines 1994 geborenen Mädchens und eines 1986 geborenen Sohnes ging. In beiden Fällen hatten die Gerichte die Tests - wonach die vermeintlichen Väter nicht als Erzeuger in Betracht kamen - nicht als Beweise zugelassen.
Die Männer - beide waren nicht mit den Müttern verheiratet - hatten ihre Vaterschaft zunächst anerkannt, sie aber Jahre nach der Geburt der Kinder mit Hilfe der Privatgutachten gerichtlich angefochten. Dazu hatten sie in einem Fall ein Kaugummi mit Speichelresten, im anderen Fall ein ausgerissenes Haar des Kindes ins Labor gebracht. Allerdings hatten in beiden Fällen die Mütter das alleinige Sorgerecht für ihre Kinder und hatten in deren Namen die Zustimmung zu den Tests verweigert.
Nach den Worten des BGH-Familiensenats verstößt die Untersuchung des genetischen Materials eines anderen Menschen ohne dessen ausdrückliche Zustimmung gegen das Grundrecht auf »informationelle Selbstbestimmung«, also die Befugnis, selbst über die Verwendung persönlicher Daten zu verfügen. Das Interesse des Mannes, Gewissheit über seine biologische Vaterschaft zu erlangen, sei »nicht vorrangig«.
Damit seien heimliche Tests rechtswidrig und dürften vor Gericht nicht verwendet werden. Dies gelte unabhängig vom Ausgang des aktuellen Gesetzgebungsvorhabens, mit dem Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) heimliche Gentests unter Strafe stellen will. Der Gesetzentwurf sieht vor, dass genetische Untersuchungen nur mit Zustimmung des Betroffenen durchgeführt werden dürften. Verstöße will Zypries unter Strafe bis zu einem Jahr Gefängnis stellen.
Die Richter stellten zugleich klar, dass heimliche Tests auch nicht dazu genutzt werden können, um vor Gericht ein Verfahren zur Anfechtung der Vaterschaft in Gang zu bringen. Dazu müsse der angebliche Vater »konkrete Umstände« nennen, die seine Zweifel an seiner Vaterschaft als »nicht ganz fern liegend« erscheinen ließen. Auch die verweigerte Zustimmung der Mutter zu einem Test könne einen solchen »Anfangsverdacht« nicht begründen, sagten die Richter.
Mehr als 500 Vaterschaftstests pro Jahr führt allein das Analyseinstitut »Labcon-OWL« in Herford durch - knapp 200 davon mit heimlich entnommenen Proben.Seite OWL: Hintergrund
Seite 4: Leitartikel

Artikel vom 13.01.2005