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Kein »QS« mehr auf Rindfleisch

Landwirte reagieren verärgert auf Forderungen der Bundesregierung

Von Bernhard Hertlein
Münster (WB). Das mit großen Aufwand eingeführte Qualitätszeichen »QS« wird auf Rindfleisch-Etiketten bald nicht mehr zu sehen sein. Der Grund ist nach Auskunft des westfälisch-lippischen Bauernpräsidenten Franz-Josef Möllers ein Streit mit der Bundesregierung.

»QS«Êsteht für die gesicherte und kontrollierte Herkunft landwirtschaftlicher Produkte. In Westfalen-Lippe werden bereits unter anderem 20 Prozent der Schlachtkühe und 50 Prozent der Jungbullen nach QS-Kriterien aufgezogen, geschlachtet und vermarktet. Daran soll sich Möllers zufolge auch nichts ändern.
Allerdings werden die Kunden an den Ladentheken nicht mehr feststellen können, welches Rinderfilet oder Rumsteak den QS-Anforderungen entspricht und welches nicht. »Die Bundesregierung hat uns massive Knüppel zwischen die Beine geworfen«, erläuterte Möllers.
Grundlage sei eine Etikettierungsverordnung der Europäischen Union. Sie werde vom Verbraucherministerium in Berlin so gedeutet, dass der Landwirt fast alle Produktionsdaten offen legen müsse. Abgesehen davon, dass eine solche massive Aushebelung des Datenschutzes ohne Zustimmung der Betroffenen nicht möglich sei, müsse der einzelne Betrieb befürchten, dass seine Angaben von den Behörden auch für andere Zwecke wieÊetwa die Berechnung der Ausgleichszahlungen verwendet würden. »In Frankreich und überall sonst läuft ÝQSÜ nach den gleichen Kriterien wie denen des deutschen Bauernverbandes«, schimpfte Möllers. Nur Deutschland interpretiere die EU-Verordnung »wieder einmal besonders streng«.
»QS« ist eine Reaktion auf den BSE-Skandal und soll das Vertrauen der Verbraucher zurückgewinnen. Neben 46 200 landwirtschaftlichen Betrieben haben sich 1045 Unternehmen der Futtermittelindustrie, Schlachtereien und des Lebensmittelhandels mit insgesamt 56 300 Standorten zu weitgehenden Maßnahmen der Qualitätssicherung verpflichtet. Einige Einzelhändler (Tengelmann, Edeka Köln) mussten sich allerdings bereits wegen werblicher Aussagen über »QS« rechtfertigen. Möllers: »Da verliert man den Spaß an einem freiwilligen System.«
Von dem Streit um das »QS«-Zeichen nicht berührt sind Schweine und Geflügel. Möllers zufolge werden 75 Prozent der Schlachtschweine und mehr als 80 Prozent des Geflügelangebots nach QS-Kriterien erzeugt. Zudem ging Ende November 2004 in Deutschland auch das QS-Zeichen für Obst und Gemüse an den Start.
Was die Molkereiwirtschaft betrifft, so bedauderte der Präsident des westfälisch-lippischen Landwirtschaftsverbandes (WLV) das Scheitern der Fusion von Nordmilch und Humana. Entstanden wäre ein Konzern mit einem Umsatz von 4,7 Milliarden Euro und einem Marktanteil von 25 Prozent in Deutschland. Er wäre, so Möllers, besser für den scharfen Wettbewerb mit der ausländischen Konkurrenz und für die Gespräche mit dem Lebensmitteleinzalhandel gerüstet. »Die Fusion darf nicht aufgehoben sein«, forderte er. Nach Informationen des WESTFALEN-BLATTes finden derzeit keine erneuten Verhandlungen über eine mögliche Fusion statt.
Was für die Milchwirtschaft gilt, gilt Möllers zufolge ebenso für die Schweineschlachtereien. Noch seien allerdings Westfleisch (Münster) und Tönnies (Rheda-Wiedenbrück) stark genug, um dem Expansionsdrang von Bestmeat (Niederlande) und Danish Crown (Dänemark) entgegenzutreten.

Artikel vom 12.01.2005