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Beim Bauhaus-Hocker geht es um viel Geld

Gericht beschäftigt sich erneut mit Streit um Verwertungsrechte für das berühmte Möbel

Halle/Düsseldorf (dpa). Der Streit um die Verwertungsrechte an Stahlrohrmöbeln des Bauhaus-Architekten Marcel Breuer (1902-1981) beschäftigt wieder die Justiz. Heute steht der unscheinbare Stahlrohrhocker »B 9« erneut im Fokus.

Der Prozess, bei dem sich zwei Firmen aus Niedersachsen und Baden-Württemberg streiten, findet vor dem Landgericht Düsseldorf statt. Der vorangegangene »Hocker-Prozess« liegt knapp drei Jahre zurück.
Am 30. April 2002 wurden vor dem Oberlandesgericht in Düsseldorf die Hocker-Rechte der Firma TECTA Axel und Werner Bruchhäuser KG (Lauenförde/Niedersachsen) zugesprochen. Dem Unternehmen war es gelungen, seine Verwertungsrechte gerichtsfest gegenüber der Firma L.& C. Stendal Metallmöbel GmbH nachzuweisen. Die Verträge waren von TECTA über das Bauhaus-Archiv Berlin mit der damals in New York lebenden Witwe Constance Breuer abgeschlossen worden. Die Richter befanden, dass der von Breuer in entworfene Hocker schutzwürdig sei und kein Alltagsgegenstand (Az: 20 U 81/01).
Es geht auch um enorm viel Geld. TECTA forderte deshalb seinen Mitbewerber Knoll International Deutschland GmbH (Murr/Baden-Württemberg) auf, die Hocker-Produktion einzustellen. Aber die Firma Knoll ist der Meinung, dass sie die älteren Rechte habe. Offenbar zufällig fanden sich bei Foligno (Italien), dem Sitz von Knolls europäischer Produktionsstätte, neue Dokumente, die diese Verwertungsrechte beweisen sollen. Am 15. Dezember 2003 reichte Knoll Klage (Az: 12 O 588/03) ein, am 14. Juli 2004 wurde dann die Klage von Knoll noch um eine zur Breuer-Stahlrohr-Tischvariante erweitert.
Knoll produziert einen langen flachen Stahlrohrtisch, über dem der Hocker als zusätzliche Ablage steht, bei TECTA sind es vier Hocker, die auch als Tischchen benutzt werden können und sich ineinander schieben lassen..
Eigentlich hatte der Verlierer, die ostdeutsche Firma L. & C., gehofft, dass die Rechte bei der Stadt Dessau liegen und nicht mehr wie bisher von der Bauhaus Archiv GmbH Berlin vergeben werden können. Das Düsseldorfer Gericht hatte zumindest beim Hocker entschieden, dass diese Stahlrohrschöpfung nicht zum Aufgabengebiet Breuers gehörte.
Aber Ostdeutschland sieht vom lukrativen Bauhausgeschäft bislang kaum einen Cent. Eine vom Wirtschaftsministerium Sachsen-Anhalt vor vier Jahren angefertigte Studie über unbekannte Bauhausobjekte bleibt unter Verschluss. Dabei sollte sie dem einheimischen Mittelstand helfen, unter dem europaweit geschützten Label »bauhausdessau« geeignete Bauhausprodukte zu produzieren.
Im Westen ist als Folge der deutschen Teilung das »Bauhaus Archiv Museum für Gestaltung« zum Hüter der Lizenzen aufgestiegen. Durch die Vergabe von Nutzungsrechten für den Nachbau von Bauhaus-Gebrauchsgegenständen an westdeutsche Firmen ist die Einrichtung am Geschäft beteiligt.

Artikel vom 12.01.2005