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Mit Kokusnüssen überlebt

Zwei Wochen lang im Indischen Ozean getrieben

Von Andy Wong
Klang (AP). Zwei Wochen lang trieb Ari Afrizal auf dem Indischen Ozean, nachdem ihn die Flutwelle auf Sumatra ins Meer gerissen hatte. Nach seiner Rettung berichtete der 21-jährige Indonesier in Malaysia von seinem Kampf ums Überleben. Er habe von weichen Kokosnüssen gelebt, die er mit den Zähnen aufgebrochen habe, sagte Afrizal in der Hafenstadt Klang.
Er hat überlebt: In einem Krankenhaus erholt sich Ari Afrizal von den Strapazen. Foto: AP

Und er habe die ganze Zeit gebetet. Am Sonntag wurden seine Gebete erhört, als Matrosen des Containerschiffs »Al Yamamah« den Mann entdeckten und an Bord holten. Ari arbeitete auf einer Baustelle in der indonesischen Provinz Aceh, als am 26. Dezember die Erde bebte.
»Dann kamen die Wellen«, erinnert sich Ari, »große Wellen, die heftig über uns zuschlugen.« Zusammen mit seinen Kollegen wurde er ins Meer gezogen, wo er sich an Treibholz festklammerte.
»Vier von meinen Freunden hielten sich an Brettern fest, aber wir wurden voneinander getrennt, als uns die Wellen weiter aufs Meer hinaustrieben.«
Die ganze Zeit habe er gebetet, berichtete Ari. »Ich sagte Gott, dass ich nicht sterben wollte. Ich machte mir Sorgen um meine Eltern und bat um die Chance, für sie zu sorgen.«
Neue Hoffnung schöpfte er, als er einen zerbrochenen Sampan, ein leichtes Boot, entdeckte und hineinklettern konnte. Am fünften Tag sah er ein großes Fischerfloß und dachte schon an seine Rettung.
Aber das Floß war unbemannt. Immerhin fand er darauf einige Flaschen mit Trinkwasser, und aus dem Meer fischte er Kokosnüsse. Hin und wieder habe er ein Schiff gesehen, ohne von der Besatzung bemerkt zu werden.
Erst die »Al Yamamah« wurde auf das Schicksal des hilflosen Tsunami-Opfers aufmerksam. Er habe nicht mehr geglaubt, auf Überlebende zu stoßen, sagte der neuseeländische Kapitän John Kennedy. Schließlich waren schon zwei Wochen seit der Katastrophe vergangen.
Abgesehen von ausgedörrten Lippen sei Ari nach der zweiwöchigen Qual in erstaunlich guter Verfassung gewesen, berichtete Kennedy. Er sei sogar ohne Hilfe an Bord gestiegen.
Als der Gerettete in Malaysia zur Kontrolle in ein Krankenhaus gebracht wurde, beschäftigte ihn nur das Schicksal seiner Familie: »Ich bete, dass meine Familie in Aceh auch so viel Glück hatte wie ich und die Katastrophe überlebt hat.«
Ari ist bereits der dritte Tsunami-Überlebende aus Indonesien, der auf See gerettet werden konnte.
Am 30. Dezember entdeckten Fischer eine schwangere Frau, die sich fünf Tage lang an eine entwurzelte Palme geklammert hatte.
Sie hatte einen starken Sonnenbrand, aber ihr Kind im Bauch war unversehrt. Acht Tage lang trieb ein Mann aus Aceh auf See, der sich mit Hilfe von Brettern über Wasser gehalten hatte.

Artikel vom 12.01.2005