12.01.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Per »Touch« können die Bedienungsschritte für die Maut in nur vier Sprachen aufgerufen werden.

Brummi-Fahrer
scheitern am
Sprachproblem

Maut-Terminals an Tankstellen

Von Ulrich Hohenhoff
(Text und Fotos)
Senne (WB). Achselzuckend steht Vlado P. mit Straßenkarte und Lieferadresse in Hamburg vor dem Maut-Terminal in einer der beiden Shell-Tankstellen an der viel befahrenen Bundesstraße 68, drückt hilflos die Tasten des Maut-Terminals. Der Lastwagenfahrer kann das Gerät nicht »verstehen«, denn die Anweisungen auf dem Touch-Screen-Monitor erscheinen nur in vier Sprachen.

Ohne Hilfe könnte der Bosnier die fälligen Autobahngebühren nicht entrichten, seine Landessprache ist nicht dabei. Für Shell-Stationsleiter Martin Hanke Alltag. »Das System ist für viele zu kompliziert und dann noch die Sprachprobleme«.
Deutsch, Englisch, Französisch und Polnisch - die Fahrer haben die Auswahl. Andere Sprachen sollten eigentlich per Callcenter vermittelt werden. »Bei der Einführung hat man uns gesagt, dass mehr als 20 Sprachen zur Verfügung stehen und per Knopfdruck abgerufen werden können. Bisher ist es bei nur vier geblieben«. Und so hat der Stationsleiter jeden Tag alle Hände voll zu tun, um den ausländischen Lastwagenfahrern zu helfen.
Im Fall des Bosniers dauerte es nur wenige Minuten, ehe das Terminal Fahrtstrecke und Mautgebühren berechnet hatte, den Zahlungsbeleg »ausspuckte«. 29,60 Euro wurden für die Strecke von Sennestadt bis Hamburg fällig. Allerdings mit einem Haken: der Bosnier kannte die Autobahnausfahrt nicht und derer gibt es in Hamburg etliche. Martin Hanke: »Ich habe willkürlich eine Ausfahrt gewählt, damit der Mann überhaupt zahlen konnte. Wenn er allerdings ein oder zwei Ausfahrten weiter fährt und erwischt wird, kann das teuer werden«.
Dazu kommt, dass die gebuchten Strecken in einer bestimmten Zeit bewältigt werden müssen, Betreiber »toll collect« behauptet, Staus und Baustellen seien einkalkuliert«, ist Martin Hanke skeptisch. Berücksichtigt seien nämlich keine Lenkzeiten, an die sich Lastwagenfahrer ja halten müssten. Von einem Holländer weiß er, dass der nach Ablauf der vorgeschriebenen Lenkzeit von der Autobahn runter musste, auf einem Rastplatz die Ruhezeit absolvierte. »Zuvor musste sich der Mann ausbuchen, bekam den Restbetrag erstattet und hatte vor der Weiterfahrt ein neues Ticket zu lösen«.
Glücklich diejenigen, deren Lastzug bereits mit der satellitengesteuerten »On Board Unit« (OBU) ausgestattet sind, dann erfolgen Berechnungen und Abbuchungen automatisch. Etliche seiner durchreisenden Kunden hätten sich um ein derartiges Gerät bemüht, das sei aber nicht lieferbar gewesen.
»Andere wollen auch lieber nur ein Ticket ziehen oder buchen im Internet«, weiß Martin Hanke, bei dem seit Zahlpflicht am 1. Januar täglich zehn bis fünfzehn Lastwagen stoppen. »Vorwiegend morgens und in den Abendstunden, dann, wenn der Verkehr auf die nahe liegende Autobahn so richtig rollt«. Haltemöglichkeiten für die die dicken Brummer gibt es nur auf der LKW-Spur der Tankstelle oder auf dem Mehrzweckstreifen der Bundesstraße. »Das kann schon mal eng werden«.
Dem Stationsleiter und seinen Mitarbeitern »tun die ausländischen Fahrer Leid. Die wissen oft nicht, was sie machen sollen, sind auf sachkundige Hilfe angewiesen«. Die leisten die Teams der beiden Shell-Tankstellen an der Bundesstraße 68 und den anderen zwölf Bielefelder Mautstellen zwar gern, doch, so Martin Hanke, »für uns eine Menge Mehrarbeit, gerade wenn die Tankstelle rappelvoll ist und wir viele Kunden haben«.
Dann müssen die ungeduldigen Fahrer, die oft nicht ein Wort Deutsch verstehen, eben warten. Selbst wer mit dem Terminal umgehen kann, benötigt laut einer beiliegenden »Gebrauchsanweisung» sechzehn Schritte, ehe das begehrte Ticket ausgedruckt wird. Alle Daten über Fahrzeug und Strecke müssen korrekt eingegeben werden, sonst passiert nichts!

Artikel vom 12.01.2005