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Luxusleben endet vor Gericht

Spielautomaten-Techniker soll 563 000 Euro gestohlen haben

Bielefeld (hz). Er besaß gleich drei Ducati-Rennmotorräder, die Nobelausstattung seines Pkw ließ kaum einen Wunsch offen, auch bei der Unterhaltungselektronik für das Heimkino durfte es nur vom Feinsten sein. Doch von 2000 Euro Nettoverdienst im Monat konnte der Bielefelder Thomas K. (38/Name geändert) sein Luxusleben nicht bestreiten. Das Geld für die teuren Anschaffungen, knapp 563 000 Euro, soll der 38-Jährige jahrelang dem Arbeitgeber gestohlen haben.

Vom kommenden Freitag an wird dem Bielefelder deshalb vor dem Landgericht der Prozess gemacht. Laut Anklage der Staatsanwaltschaft soll Thomas K. von August 2001 bis Juli vergangenen Jahres in 100 Fällen einen örtlichen Spielautomatenbetreiber geprellt haben. Tatorte waren Spielhallen in Bielefeld, Herford, Rheda-Wiedenbrück, Beckum und Minden. Lange Zeit konnte der 38-Jährige seinen Arbeitgeber täuschen. Dann fiel in der Bielefelder Firmenzentrale auf, dass die Einnahmen aus den Automaten überraschend um mehr als 20 Prozent gesunken waren.
Nach den Ermittlungen von Kripo und Staatsanwaltschaft hat der am 20. Juli vergangenen Jahres verhaftete Automatentechniker seine Vertrauensstellung beim Arbeitgeber ausgenutzt. Denn: Thomas K. war beim Spielgerätebetreiber für die Leerung und Abrechnung der Automaten aus allen Spielsalons zuständig. 3000 Euro und mehr an Spieleinnahmen schaufelte der 38-Jährige dabei im Einzelfall in seine Taschen.
Damit die Diebstähle nicht auffielen, fälschte der Bielefelder bei seinen Diensttouren durch die Spielhallen die Daten der automateneigenen Sicherheitstechnik. Gleichzeitig manipulierte er die Geldzählmaschinen der Geräte. Nach den Ermittlungen der Kripo soll der illegale Zusatzverdienst des 38-Jährigen um die 17 000 Euro im Monat betragen haben.
In der Zentrale des Bielefelder Spielgerätebetreibers wurde man schließlich misstrauisch, als die Automateneinnahmen auf unerklärliche Weise zurück gingen und dauerhaft auf niedrigem Niveau blieben. Ohne erkennbaren Grund lag die Auszahlungsquote der Geräte plötzlich bei bis zu 90 Prozent - üblich ist eine Gewinnausschüttung an die Kundschaft von knapp zwei Dritteln des Geldeinwurfes. Die firmeninterne Revision förderte dann einen Fehlbetrag von knapp 563 000 Euro für die Zeit von August 2001 bis Juli 2004 zu Tage. Automatentechniker Thomas K. geriet in das Visier der Kripofahnder und wurde Mitte vergangenen Jahres überführt.
Der 38-Jährige sitzt seitdem in der Justizvollzugsanstalt Brackwede 1 in Untersuchungshaft. Der Familienvater hat mittlerweile ein umfangreiches Geständnis abgelegt, das er den Angaben seines Bielefelder Verteidigers Dr. Detlev Binder zufolge beim Freitag beginnenden Prozess vor dem Landgericht wiederholen will. Rechtsanwalt Binder: »Mein Mandant bedauert seine Taten zutiefst. Die inzwischen knapp sechs Monate dauernde Untersuchungshaft hat ihm vor Augen geführt, welches Unrecht er begangen hat.«
Auf Renn-Motorräder, Nobelkarosse, Wohnmobil in der Deluxe-Ausführung und Heimkino mit Plasma-Flachbildschirm muss der 38-Jährige nicht nur seit der Untersuchungshaft verzichten. Sollte der Bielefelder irgendwann aus dem Gefängnis entlassen werden, findet er von den ganzen Annehmlichkeiten nichts mehr vor - Ducati und Co. sind nach seiner Verhaftung beschlagnahmt und zur Schadenswiedergutmachung im Oktober 2004 im Polizeipräsidium versteigert worden.

Artikel vom 12.01.2005