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»Oft fehlt die
Qualifikation«

Handwerkskammer kritisiert Novelle

Bielefeld (WB/ef). Die im Jahr 2004 novellierte Handwerksordnung wirkt nach Angaben der ostwestfälisch-lippischen Handwerksprädidentin Lena Strothmann (CDU) kontraproduktiv.
Handwerkskammer-Präsidentin Lena Strothmann.

Das Ziel der erleichterten Existenzgründung habe in vielen Branchen nicht die angestrebten Effekte bewirkt, sagte Strothmann gestern Abend beim Jahresempfang der Kammer in Bielefeld.
Es gebe weniger Beschäftigung statt mehr qualifizierte Arbeitsplätze im deutschen Handwerk. Etwa 80 Prozent aller Neugründungen erfolgten in den zulassungsfreien Gewerken »nun ohne jeden Qualifikationsnachweis«.
Nur noch 41 anstatt 94 Handwerksberufe brauchen nach der neuen Handwerksordnung den Meisterbrief als Zugangsvoraussetzung zur Ausübung eines Handwerks. Strothmann rief die Betriebe auf, sich der »Spirale der Dequalifikation« mutig entgegenzustellen und die großen Ausbildungsanstrengungen des Vorjahres fortzusetzen.
Der auf drei Jahre ausgerichtete Ausbildungspakt trage sichtbare Früchte; die Zahl der neu abgeschlossenen Lehrverträge sei gestiegen. Im Handwerk sei die notwendige Neuorientierung bereits in Gang gesetzt. »Wegducken hilft nicht. Vielmehr sind Mitmischen und Eigenverantwortung in 2005 angesagt«, betonte die Präsidentin vor etwa 200 Vertretern aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft.
Die Betriebe sollten verstärkt Produkte und Dienstleistungen anbieten, die konkrete Kundenerwartungen wecken und erfüllen. Dazu gehöre auch das gemeinsame Auftreten von Unternehmen unterschiedlicher Gewerke.
Im nordrhein-westfälischen Handwerk haben im vergangenen Jahr 36000 Beschäftigte ihren Arbeitsplatz verloren. Der Umsatz ging 2,1 Prozent zurück, sagte Strothmann. »Krisenfaktoren wie hohe Energie- und Ölpreise sowie eine stagnierende bis rückläufige Binnenkonjunktur gingen natürlich nicht am Handwerk vorbei.«
Gleichwohl sollte man den Bogen des Pessimismus »im Sinne Ludwig Erhards« nicht überspannen, sagte Strothmann in ihrer mit dem Titel »Das Handwerk - Chancen und Herausforderungen« überschriebenen Ansprache.
Von der Politik wünsche sich die Wirtschaft mehr Reformen, mehr Veränderung sowie mehr Mut. »Wir Unternehmer müssen auf die Herausforderungen, die veränderte Rahmenbedingungen, Kundenwünsche und der Wettbewerb an uns stellen, flexibel reagieren«, erklärte Strothmann. »Risikobereitschaft, Wagnis und Mut: das ist es, was Existenzgründer, was Unternehmer ein ganzes Leben lang ausmacht, wenn sie erfolgreich sein wollen.«

Artikel vom 11.01.2005