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Investition in Beine und Steine

Fußball-Regionalligist SC Paderborn 07 will aufsteigen und ein neues Stadion bauen

Von Matthias Reichstein
Paderborn (WB). Stolze 100 Jahre wird der SC Paderborn in zwei Jahren, die beiden größten Meilensteine in der langen Vereinsgeschichte möchte der Fußball-Regionalligist aber in den kommenden zwölf Monaten setzen. Der Fusionsklub investiert in Beine und Steine, peilt den Aufstieg in die zweite Bundesliga an und beginnt im Frühjahr mit dem Neubau eines Stadions. »2005 ist das Jahr des SC Paderborn 07«, blickt Präsident Wilfried Finke voller Optimismus auf die folgenden Monate.

Sportlich läuft alles nach Plan. Die Elf um Trainer Pavel Dotchev holte in den ersten 20 Meisterschaftsspielen 40 Punkte, überwintert zurzeit auf einem Aufstiegsplatz und legte auf dem Transfermarkt noch einmal zu. Mit Radovan Vujanovic (22) von Austria Wien wurde noch ein ehemaliger serbischer U 18-Nationalstürmer verpflichtet.
»Offensiv« geht der Klub auch mit seinen Stadionplänen um. Aus gutem Grund. Denn zum einen verfügt Paderborn über kein regionalligataugliches Stadion, zum anderen erhofft sich der Klub durch mehr Komfort auch mehr Besucher und damit eine rentable Geldanlage. Außerdem wird in der neuen Mehrzweck-Arena (Gastronomie, Reha- und Fitnesszentrum) nicht nur zweimal im Monat der Ball rollen. Im Februar soll mit dem neun Millionen Euro teuren Bau (Festpreisangebot der Bremer AG) begonnen werden, im Oktober könnte dann schon der erste Anpfiff in der Arena an der Alme-Aue (westlich vom Paderborner Einrichtungshaus Finke) erfolgen.
Die neue Heimat der SCP wird nach dem ersten Bauabschnitt über 10 000 komplett überdachte Plätze verfügen und im Endausbau 15 000 Besuchern Platz bieten. Das kleine, feine Schmuckkästchen wird ein reines Fußballstadion mit einem hohen Serviceniveau. Die komplette Bewirtschaftung erfolgt zum Beispiel im Bereich zwischen Spielfläche und Tribüne, so dass kein Besucher das Stadionrund verlassen muss. Sektionaltore unterhalb der ersten Tribünenreihen sichern zudem eine große Flexibilität für andere Aktionen.
Ein weiterer Pluspunkt sind die Kosten. Vizepräsident Josef Ellebracht, der für den SC Paderborn 07 das Projekt betreut und als Geschäftsführer der Bremer AG den Großteil der Planung persönlich erstellt hat, legte ein Festpreisangebot vor. Die Beton-Profis wollen das Stadion für weniger als neun Millionen Euro erstellen. Sollte sich bei der Vergabe der Einzelgewerke ein günstiger Preis erzielen lassen, fließt die Differenz der im Dezember gegründeten Stadiongesellschaft zu. Da die Stadt »nur« als Zuschussgeber (3,4 Millionen Euro) auftritt, muss das Projekt auch nicht europaweit ausgeschrieben werden. Deshalb sollen vorrangig heimische Unternehmen am Bau beteiligt werden.
Mit dem geplanten Spatenstich im Februar endet in Paderborn eine jahrelange Diskussion um den richtigen Stadion-Standort. Die aktuelle Heimat des SCP, das Hermann Löns-Stadion im Ortsteil Schloß Neuhaus, ist nicht mehr zeitgemäß, die Kosten eines Ausbaus auf Zweitliganiveau bezifferten Experten vor zwei Jahren in einer von der Stadt in Auftrag gegebenen Machbarkeitsstudie auf 18,7 Millionen Euro. Gleiches gilt für das traditionsreiche Inselbadstadion im Herzen der City. Nach dem Krieg auf Trümmerschutt gebaut, würde ein Ausbau etwa 19,1 Millionen Euro kosten. »Das waren Wahnsinnssummen und für beide Standorte das k.o.-Kriterium«, erinnert sich Wilfried Finke.
Als dritten Alternativstandort brachte die Stadt vor einem Jahr den Ahorn-Sportpark ins Gespräch. Das Leichtathletik-Stadion sollte in eine breitensporttaugliche Arena umgewandelt werden, und das ganze Projekt drohte plötzlich zu kippen, weil Finke alle Pläne stoppte. »Das ist ein Schritt zurück ins Mittelalter. Überall in Deutschland entstehen nur noch reine Fußballstadien«, zürnte der Unternehmer damals und drohte, künftig das Geschehen nur noch »genüsslich aus der Vogelperspektive« zu beobachten. Stadt und Verein zogen fortan zwar noch an einem Strang, allerdings nicht mehr in dieselbe Richtung. Doch nach wenigen Wochen setzten sich die streitenden Parteien aber doch wieder an einen Tisch und schnürten gemeinsam das endgültige Stadion-Paket.
Neben Finke und Ellebracht forciert auch Bürgermeister Heinz Paus dieses ehrgeizige Projekt. Wohlwissend, dass die Stadt mit dem SCP über einen bedeutenden Werbeträger verfügt. Die Paderborner DFB-Pokalpartien im Sommer und Herbst des vergangenen Jahres mit den »Burg«-Festspielen gegen den Hamburger SV, MSV Duisburg und SC Freiburg verfolgten mehr als 30 Millionen Zuschauer bundesweit an den Bildschirmen, etwa 16 Millionen beobachten die Regionalliga-Berichterstattung im WDR. Deshalb steht für Wilfried Finke und seine Präsidiumskollegen fest: »Der SC Paderborn 07 ist sportlich das überzeugendste Markenzeichen der Stadt. Damit das so bleibt, müssen wir aufsteigen und brauchen das neue Stadion.«

Artikel vom 29.01.2005