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Noch Chance auf Einigung

Köhler will zweiten Anlauf zur Föderalismusreform

Berlin (AP). Der bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber hält einen Kompromiss im Streit um die Föderalismusreform innerhalb des nächsten halben Jahres für möglich.
»Das Fenster für eine Einigung ist bis zur Sommerpause noch offen«, sagte er gestern nach einem Gespräch mit Bundespräsident Horst Köhler und SPD-Chef Franz Müntefering in Berlin. Einziger Streitpunkt sei die Bildungspolitik. Wenn sich die Bundesregierung hier bewege, sei eine Einigung sehr schnell möglich.
Es liege bereits ein Vorschlag für eine beachtliche Renovierung der Verfassung vor, der für eine weitgehende Entflechtung der Kompetenzen von Bund und Ländern sorge, betonte der CSU-Chef.
Stoiber sagte weiter, das für Ende Januar erwartete Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu Studiengebühren könne die Position der Bundesländer im Streit um die Bildungspolitik stärken, in der eine klare Entflechtung der Zuständigkeiten nötig sei.
Nach Angaben von Stoiber hat es bei dem Gespräch mit dem Bundespräsidenten keinerlei Vereinbarungen über einen neuen Anlauf zu der Reform gegeben. »Wir haben hier nichts vereinbart«, sagte Stoiber.
Bei dem Treffen mit Müntefering und Stoiber hat sich der Bundespräsident für einen zweiten Anlauf ausgesprochen.
Köhler habe dazu aufgerufen, »die Anstrengungen fortzusetzen und zu einem positiven Ergebnis zu führen«, sagte sein Sprecher Martin Kothé nach dem Gespräch in Berlin. Der Bundespräsident halte die Reform »unverändert für notwendig«.
Spitzenpolitiker von SPD und Union begrüßten einhellig die Einbeziehung Köhlers in die Debatte. Die Bund-Länder-Kommission war kurz vor Weihnachten am Streit über die Neuaufteilung der Bildungskompetenzen gescheitert. Die 36 Mitglieder hatten mehr als ein Jahr über die Reform der bundesstaatlichen Ordnung verhandelt.
Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit rief die Ministerpräsidenten zur Kompromissbereitschaft auf. In der Diskussion über die Verteilung der Bildungskompetenzen gebe es einige »Hardliner« in den Reihen der Landesregierungschefs, sagte der SPD-Politiker. Die müssten überzeugt werden, dass auch der Bund bei der Bildung weiter mitreden sollte.
Auch der stellvertretende CDU/CSU-Fraktionschef Wolfgang Bosbach begrüßte das Spitzentreffen bei Köhler »ausdrücklich«. Das Scheitern der Föderalismuskommission sei ein »mittelgroßes Drama« und ein »Debakel für die gesamte politische Klasse Deutschlands« gewesen.
Beim Streitpunkt Bildung äußerte Bosbach Verständnis für die Position der Länder. Die Bereiche Bildung und Hochschule seien die Kernkompetenz der Bundesländer schlechthin.

Artikel vom 12.01.2005