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WM-Rummel kommt zu früh

Bayern-Coach Magath sorgt sich um Vereinstrainer und Nationalspieler

Dubai (dpa). Felix Magath beklagt in Deutschland einen seiner Meinung nach verfrühten Rummel um die Fußball-WM 2006, der zu einer Überforderung der Nationalspieler führen könnte und die Arbeit der Bundesliga-Trainer erschwert.

»Dass schon heute ständig über die Weltmeisterschaft gesprochen wird, und von den Spielern viel Aufmerksamkeit für sie verlangt wird, halte ich für verfrüht. Die Bedeutung, die man momentan den Länderspielen beimisst, haben diese nicht. Es geht dabei um nichts für die deutsche Mannschaft«, sagte der Trainer des FC Bayern München während des Trainingslagers in Dubai.
Der Vorteilseffekt der WM im eigenen Land liege anderthalb Jahre vor Beginn des Turniers klar auf der Seite von Bundestrainer Jürgen Klinsmann. »Für ihn ist das ideal, um zu experimentieren«, meinte Magath. Die Interessen zwischen DFB-Coach und Club-Trainern seien aber »nicht unbedingt identisch«, bemerkte Magath. »Ich befürchte, dass die Vereinstrainer eher leiden.« Der 51-Jährige fordert darum, die Spieler nicht zu sehr mit der WM und Länderspielen zu belasten. Die Absage der Amerika-Reise Ende 2005 sei richtig. »Die Belastung der Nationalspieler ist sicherlich an der Grenze angelangt. Und wenn wir tatsächlich das Ziel haben, 2006 Weltmeister zu werden, müssen wir aufpassen, dass wir die Spieler bis dahin nicht überfordern«, warnte Magath.
Die Torhüter-Diskussion um Oliver Kahn und Jens Lehmann sowie die Debatte um Sebastian Deisler führt er als Beispiele für negative Auswirkungen einer überhöhten WM-Bedeutung an. »Oliver Kahn hat unter dem Druck der Torhüter-Debatte in der Vorrunde zwei Fehler gemacht, die von der Öffentlichkeit aufgesogen wurden«, bemerkte Magath. Er glaubt aber, »dass Oliver nach dem Urlaub mit der Situation besser umgehen kann und er in der Rückrunde für uns ein stabiler Rückhalt wird«.
Zudem habe sich der Torhüter-Wettstreit dadurch entspannt, dass Kahn-Rivale Lehmann bei Arsenal London nur noch zweite Wahl ist. »Je länger es so bleibt, dass Lehmann nicht spielt und Kahn bei uns eine feste Größe ist, ist die Sachlage in dem Konkurrenzkampf ohnehin klar«, meinte Magath. Kahn werde in München ein ähnliches Los wie Lehmann nicht erleiden, versicherte der Trainer: »Ich kann mir keine Situation vorstellen, warum er bei uns auf die Bank sollte.«
Magath hat Bayern-Profi Deisler zudem vergeblich geraten, die angestrebte Rückkehr ins Nationalteam auf die kommende Saison zu verschieben. »Was für Kahn und die Torhüter gilt, gilt für Sebastian erst recht: Ob er im Frühjahr 2005 in der Nationalmannschaft spielt oder nicht, wird seinen Platz im Juni 2006 nicht sichern. Es genügt, wenn er ab der neuen Saison zu einer festen Größe in der Nationalmannschaft wird«, begründete Magath. Er fürchtet, dass sich Deisler erneut überfordern und dann bei der WM nicht zum Leistungsträger werden könnte: »Es wäre schade, wenn er seine großen individuellen Fähigkeiten nicht umsetzen könnte.«
Für sein zweites Halbjahr beim FC Bayern, der in seinem einzigen Testspiel in Dubai Zweitligist Energie Cottbus durch einen Treffer von Roy Makaay mit 1:0 bezwang, setzt sich der Hitzfeld-Nachfolger hohe Ziele: »Ich freue mich, dass ich nach der Hinrunde sogar sagen kann: Ich will mehr als einen Titel.«

Artikel vom 11.01.2005