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SPD plant neues Pflegekonzept

Müntefering kündigt konkreten Vorschlag zum Renteneintrittsalter an

Weimar (Reuters/dpa). Die Sozialdemokraten wollen bis zum Herbst ein Gesamtkonzept zur Lösung der Probleme der älter werdenden Gesellschaft vorlegen.
Dazu gehöre auch eine Neuregelung der Pflege, kündigte SPD-Partei- und Fraktionschef Franz Müntefering gestern nach einer zweitägigen Klausurtagung des SPD-Vorstands in Weimar an.
Es werde auch einen konkreten Vorschlag geben, wie das Renten- Eintrittsalter von derzeit 59 auf 63 Jahre angehoben werden kann, sagte Müntefering. Angepackt werden müsse weiter der Übergang von der aktiven Beschäftigung in den Ruhestand. »Dies ist ein großes Rad, an dem wir drehen«, sagte der Parteichef. Über Eckpunkte für eine Pflege-Neuordnung soll bereits an diesem Samstag bei der gemeinsamen Sitzung der Fraktionsspitzen von SPD und Grünen in Wörlitz in Sachsen-Anhalt geredet werden.
Nach Münteferings Worten will Rot-Grün 2005 zum »Jahr der Entschlossenheit« machen. Damit wolle die Koalition der »inhaltlichen Konzeptionslosigkeit« der Opposition ein Kontrastprogramm entgegensetzen. Die Union habe sich »in eine Wagenburg« zurückgezogen und sage nirgendwo mehr, wofür sie eigentlich stehe. »Alle Ankündigungen der vergangenen Wochen sind verpufft«, meinte der SPD-Parteichef.
Müntefering sieht wachsende Chancen, dass die SPD die anstehenden Landtagswahlen in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen gewinnt. Wenn man dies schaffe, werde es in Deutschland bald »wieder anders aussehen«. Er appellierte an die eigenen Reihen, weiter diszipliniert und selbstbewusst auf dieses Ziel hinzuarbeiten. »Insgesamt ist die Partei gut drauf«, betonte er. Dies führte er auch darauf zurück, dass sich die Abstimmung zwischen Regierungshandeln und Partei deutlich verbessert habe.
Als wichtigstes Reformprojekt zur Bundestagswahl in knapp zwei Jahren nannte Müntefering die Bildungspolitik. Dazu gehöre auch, Kindern wieder mehr Erziehung und Orientierung zu vermitteln. Notwendig seien auch Verbesserungen für Alleinerziehende.
Teilnehmer der Klausur unter Leitung Münteferings berichteten übereinstimmend von optimistischer Stimmung der SPD nach dem weitgehend geglückten Start der Arbeitsmarktreform Hartz IV und der Lkw-Maut zum Jahresbeginn und angesichts steigender Umfragewerte sowie Streitigkeiten bei CDU und CSU. Müntefering warnte mit Blick auf die beiden Wahlen vor zu großer Siegesgewissheit: »Diese Wahlen sind nicht gewonnen.«
In der Steuerpolitik bekräftigte die SPD-Spitze entgegen der Forderung des linken Flügels nach Steuererhöhungen ihre bisherige Linie: »Steuererhöhungen verbieten sich, Anhebung der Lohnnebenkosten auch«, heißt es in einem Beschluss. Dagegen sagte der Chef der traditionell linken Jusos, Björn Böhning: »Wir brauchen auch eine Debatte über Steuererhöhungen. Wenn man sich die Lage der öffentlichen Haushalte ansieht, ist klar: Wir brauchen mehr Steuern.« In einem Positionspapier des linken Flügels wird die Erhöhung der Erbschaftssteuer gefordert. Diese Forderung hatte auch Schleswig-Holsteins Ministerpräsidentin Heide Simonis erhoben.
Anders als Bundeskanzler Gerhard Schröder erwartet Müntefering Angela Merkel als nächste Kanzlerkandidatin der CDU. »Ich tippe weiter auf Merkel«, sagte er. Schröder hatte in Weimar erklärt, er stelle sich für 2006 inzwischen wieder auf den bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber ein. Der CSU-Vorsitzende sei derzeit dabei, »sich aus seiner nicht verarbeiteten Niederlage und aus brennendem Ehrgeiz warm zu laufen«, meinte der Kanzler. Stoiber widersprach Schröders Einschätzung zwar nicht. Er betonte aber, der Kanzler habe kürzlich erklärt, dieser gehe fest davon aus, dass er 2006 gegen Merkel als Unions-Kandidatin antreten werde. »Möglicherweise wird er in 14 Tagen wieder etwas anderes erklären«, sagte Stoiber.

Artikel vom 11.01.2005