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Hilfe zur
Selbsthilfe

Leben nach dem Schlaganfall

Von Ralf Benner
Warburg (WB). Es war ein Ereignis, das nicht nur ihr Leben, sondern auch das ihrer Familie auf dramatische Weise verändern sollte: Vor sechs Jahren erlitt Hildegard Wilmes aus Warburg-Germete einen Schlaganfall. Wie aus dem Nichts war er gekommen und hatte die heute 54-Jährige völlig unerwartet getroffen.

Die Folgen des Schlaganfalls waren für die Warburgerin schlimm: Sie verlor ihre Sprache, konnte den rechten Arm nicht mehr bewegen und nicht gehen. »Ich war völlig am Boden zerstört, ich konnte nicht mehr.« Plötzlich aufzuwachen und nicht mehr sprechen zu können, sei die schrecklichste Erfahrung gewesen, die sie je machen musste. Sie habe versucht Worte zu formen, mit den Händen zu deuten, jedoch nur unverständliche Laute hervorgebracht. Ehemann Anton und ihre drei Kinder Thomas, Annedore und Clemens hätten darunter auch sehr gelitten.
Doch Hildegard Wilmes gab nicht auf, fasste neuen Mut. Im Umgang mit den Folgen des Schlaganfalls hat sie seither viele positive Erfahrungen sammeln können. Diese an andere Menschen weiterzugeben, die wie sie an Sprachstörungen leiden, und ihnen Mut zu machen, ist das große Anliegen der engagierten Frau. Sie gründete vor zwei Jahren eine Selbsthilfegruppe für Menschen mit Sprachstörungen (Aphasie).
»Es kostete mich aber viel Kraft«, sagt Hildegard Wilmes. Wie ein kleines Kind musste die Warburgerin die deutsche Sprache neu erlernen. Ein langsamer Prozess, bei dem sie sich über jeden kleinen Fortschritt, jedes »wiedergefundene Wort« sehr freuen konnte. Der Sprachheil-Pädagoge Manfred Fuchs half ihr dabei. Noch heute, sechs Jahre nach dem Schlaganfall, schaut er einmal in der Woche bei der 54-Jährigen vorbei, um mit ihr Sprache, Grammatik und Aussprache zu üben.
Mittlerweile kann sie auch wieder ihre Beine bewegen und Schritte machen. Ganz weg ist die Gehbehinderung jedoch noch nicht. Den rechten Arm kann die Warburgerin immer noch nicht bewegen. »Das ist wohl nicht zu ändern«, bedauert die Germeterin, die früher das Fach Kunst in einer Brakeler Altenpflege-Schule unterrichtete. Von Kindesbeinen an war das Malen ihre große Leidenschaft. Sie gab ferner Kurse im Arbeiten mit Keramik und in Seidenmalerei bei der Volkshochschule. Durch den Schlaganfall ließ sich Hildegard Wilmes jedoch nicht unterkriegen. »Ich musste lernen, mit der linken Hand ebenso gut zu malen wie mit der rechten. Das ging relativ schnell.« Heute präsentiert sie ihre neuen Werke in Ausstellungen wieder stolz der Öffentlichkeit.
Im März 2002 rief sie gemeinsam mit ihrem Therapeuten Manfred Fuchs die Aphasiker-Selbsthilfegruppe Warburg ins Leben. Ihr gehören zurzeit 20 Menschen an, die durch einen Schlaganfall oder andere Erkrankungen des Gehirns Sprachstörungen erlitten haben. Außer den Betroffenen gehören Angehörige, therapeutische Fachkräfte und Interessierte der Gruppe an.
Ein Ziel der Selbsthilfegruppe ist die Aufklärung über das Krankheitsbild der Sprachstörung und des Schlaganfalls. Dazu zählen sowohl Informationen über rehabilitative Angebote als auch besonders die gegenseitige Unterstützung bei der Bewältigung der Schwierigkeiten, die durch die Erkrankung entstanden sind. Das gesellige Beisammensein in der Gruppe fördert ferner die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben. Nähere Informationen gibt es bei Hildegard Wilmes, Telefon 0 56 41/84 07, und Manfred Fuchs, Telefon 0 56 43/9 45 31.

Artikel vom 29.01.2005