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Vertriebenenschicksale
in Erinnerung bringen

Gedenkgottesdienst zum Kriegsende - Buchprojekt

Bielefeld (bp). Aus Anlass des Kriegsendes vor 60 Jahren am 8. Mai hat es sich Pfarrer Armin Piepenbrink-Rademacher von der StadtKirchenArbeit an der Altstädter Nicolaikirche zur Aufgabe gemacht, der Schicksale der Flüchtlinge und Vertriebenen zu gedenken.

Dabei kooperiert er mit dem Historiker Dr. Hans-Jörg Kühne, der ein Buch über Menschen plant, deren Flucht in Ostwestfalen endete. Ende 1950 waren fast 19 Prozent der damals 1,5 Millionen Einwohner des Regierungsbezirkes Detmold Flüchtlinge aus den ehemaligen deutschen Ostgebieten. Ihre Zahl, so Kühne, sei damit fast doppelt so hoch wie die des nordrhein-westfälischen Landesdurchschnitts. Man habe damals gedacht, so der Historiker, Flüchtlinge und Vertriebene würden sich in einem ländlichen Raum besser integrieren als in großen Städten, aber: »Die Integration war schwierig, die Menschen waren in gewisser Weise abgestempelt.«
Pfarrer Piepenbrink-Rademacher weist darauf hin, dass die Menschen teilweise barbarische Übergriffe während ihrer Flucht erleiden mussten, dass von ihren Lebensgeschichten in der Nachkriegszeit aber niemand etwas habe wissen wollen: »Nicht deren Kinder, nicht deren Enkel.« Deshalb sei es an der Zeit, die Schicksale dieser Menschen ins Bewusstsein zu rufen: »In den sechs Jahrzehnten seit Kriegsende gibt es viel, was unerledigt geblieben ist.« Er ist überzeugt davon, dass viele Flüchtlinge und Vertriebene ihr Schicksal nur ertragen hätten, weil ihnen der Glaube an Gott geholfen habe.
Dr. Hans-Jörg Kühne möchte in seinem Buch vor allem Zeitzeugen Gelegenheit geben, zu Wort zu kommen. Eine Anzahl von Berichten liegt ihm bereits vor. Kühne wünscht sich jedoch noch weitere Schilderungen jener Zeit mit all ihren Schrecknissen, aber möglicherweise auch mit schönen, zutiefst menschlichen Erlebnissen. Er bittet darum, ihm in schriftlicher Form Eindrücke vom Eintreffen der Roten Armee, der Flucht, von Übergriffen, der Ankunft im Westen Deutschlands zu schildern und ihm zuzuschicken (Dr. Hans-Jörg Kühne, Am Hartlagerholz 7, 33607 Bielefeld). Zudem sucht er Bildmaterial. Pfarrer Piepenbrink-Rademacher plant am 8. Mai einen Gedenkgottesdienst, zudem einen Vortrag von Dr. Kühne mit Aussprache und dann eine Woche lang 12-Minuten-Gottesdienste zu Flucht und Vertreibung.

Artikel vom 11.01.2005