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Leere Kassen: Ruf nach Pkw-Maut wird lauter

Rainer Wend (SPD): »Kfz-Steuer muss dann sinken«

Berlin/Düsseldorf (dpa). Nach dem erfolgreichen Start der Lkw-Maut in Deutschland machen sich nach einem Zeitungsbericht immer mehr Politiker für die Einführung einer Pkw-Gebühr auf Autobahnen stark. Im Gegenzug zu einer solchen nutzerabhängigen Gebühr soll die Mineralöl- oder Kfz-Steuer gesenkt werden, um weitere Belastungen der Autofahrer zu verhindern.

Niedersachsen will bereits im Februar mit einer Gesetzesinitiative im Bundesrat das Thema Pkw-Maut indirekt auf die Tagesordnung heben. Das berichtete die »Bild am Sonntag«. Danach sollen Autobahnen generell auch mit Privatmitteln finanziert werden können. Die Kosten sollen per Maut wieder hereingeholt werden dürfen. Dies geht bisher nur beim Bau bestimmter Brücken und Tunnel. Der Wirtschafts- und Verkehrsminister des Landes, Walter Hirche (FDP): »Wenn dies entschieden ist, kann berechnet werden, wie hoch eine Pkw-Maut für solche Neubauten sein könnte.«
Auch die NRW-Landesregierung überlegt, wie mit der Lkw-Maut private Investoren an der Finanzierung von Autobahnen beteiligt werden können. Der Sprecher des Verkehrsministeriums, Lothar Wittenberg, sagte, für einige Jahre könnten Mauteinnahmen an die Investoren abgetreten werden. Derzeit prüfe das Ministerium, für welche Strecken in NRW ein solches Modell realistisch wäre.
Für den Bund lohne sich die Beteiligung privater Investoren, wenn seine Anschubfinanzierung »nicht mehr als ein Fünftel der Investitionssumme betrüge«, rechnete Wittenberg vor. Wenn das Lkw-Aufkommen auf den betreffenden Strecken ausreichend hoch sei, könnte der Bund den privaten Investoren ihre Finanzspritze mit Mauteinnahmen erstatten, hieß es.
Parteiübergreifend wächst die Zustimmung zur Pkw-Maut. Entsprechend äußerten sich der SPD-Fraktionsvize Michael Müller und der stellvertretende Vorsitzende der Bundes-CDU, Christoph Böhr. Bundesverkehrsminister Manfred Stolpe (SPD) lehnt dagegen eine Pkw-Maut weiter strikt ab.
Experten halten angesichts der großen Zahl von 35 Millionen Autofahrern in Deutschland eher eine zeitabhängige, aber kilometerunabhängige Vignette wie in der Schweiz für möglich. Bei der zum 1. Januar gestarteten Lkw-Maut bedeutet die Erfassung von täglich bald 800000 bis 1 Million mautpflichtiger Lkw bereits eine hohe Belastung des Betreibersystems von Toll Collect.
Der SPD-Fraktionsvize Müller sagte: »Wer viel fährt, zahlt mehr. Deshalb ist eine Maut für Pkw sinnvoll.« Es gehe um die Verbindung von Mobilität und Umweltschutz, aber nicht darum, eine zusätzliche Einnahmequelle für die öffentlichen Haushalte zu erschließen, sagte der Umweltpolitiker. Das ganze System aus Kfz-Steuer und Mineralölsteuer müsse neu austariert werden. Der Vorsitzende des Wirtschaftsausschusses, der Bielefelder SPD-Abgeordnete Rainer Wend, fügte hinzu: »Da die Lkw-Maut jetzt gut funktioniert, sollten wir darüber nachdenken, ob wir sie langfristig auch auf Pkw übertragen.« Im Gegenzug müsse die Kfz-Steuer sinken, um Zusatzlasten für Pkw-Fahrer auszuschließen.

Artikel vom 10.01.2005