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Für Millionen Fans lebt
der »King« immer noch

Elvis Presley wäre an diesem Samstag 70 geworden

Von Thomas Burmeister
Memphis/New York (dpa). Im »Heartbreak Hotel« können Fans des King of Rock'n'Roll »Elvis-Bingo« spielen. Im Planetarium von Memphis gibt es eine Lasershow. Und es gibt dutzende Partys. Am Grab von Elvis Presley dürfen seine Jünger meditieren - und sich fragen, wie es wohl wäre, wenn der King nicht schon lange gestorben wäre, sondern an diesem Samstag seinen 70. Geburtstag mitfeiern könnte.
Der »King of Rock'n'Roll«: Elvis Presley mit charmantem Lächeln und Gitarre. Foto: dpa

Allzu groß wäre der Unterschied wohl kaum, denn für die Fangemeinde gilt seit Jahrzehnten das Motto »Elvis lebt!«. Ganze Heerscharen von Pilgern ziehen in jedem Sommer zur »Elvis Week« rings um den Todestag (16. August) sowie im Januar zu den ebenfalls einwöchigen Geburtstagsfeiern in die Wahlheimatstadt des großen Rock'n'Rollers.
Dabei war der Mann, der mit seiner unverkennbaren Rhythm-and-Blues-Stimme, mit Schmollmund, Schlafzimmerblick und suggestiven Hüftbewegungen Menschenmassen in Ekstase versetzte, so einsam gestorben wie ein Ausgestoßener.
»Der Tod raubt die Krone des Rock'n'Roll« titelte die örtliche Zeitung »The Commercial Appeal«. Sofort schossen die Verkaufszahlen aller Platten des Kings, der eigentlich schon längst keiner mehr war, in die Höhe. Und unter der strengen Führung seiner Witwe Priscilla begann die bis heute größte und zweifellos auch erfolgreichste Operation zur posthumen Vermarktung eines Stars.
Elvis wurde zu einer Ikone, die überall auf der Welt so leicht als amerikanisches Symbol erkannt wird wie die Freiheitsstatue. Heutzutage bringen Großeltern der Rock'n'-Roll-Generation ihre Enkelkinder nach Memphis, damit sie die Geschichte des Mannes kennen lernen, der es als Sohn einer armen Familie vom singenden Lastwagenfahrer zum millionenschweren Superstar brachte.
Ehe er zur Karikatur seiner selbst wurde, war Elvis Presley der angehimmelte Rebell einer Jugend, die sich von den Zwängen der weißen Mittelschicht befreien wollte. Zu seinen Verdiensten gehört, dass er die Lebenskraft im Rhythm and Blues der Schwarzen in den Südstaaten über die Rassenschranken hinwegtrug. Dem »netten weißen Burschen von nebenan« gelang es, »schwarze« Musikideen als Rock'n'Roll hoffähig zu machen.
Jubiläen wie der 25. Todestag im Jahr 2002 und jetzt der 70. Geburtstag waren für das straff organisierte Vermarktungsunternehmen Elvis Presley Enterprises (EPE) willkommene Gelegenheiten, den Kult anzufachen. Die Geschäfte liefen bei jährlich etwa 600 000 Besuchern der »Graceland«-Villa und enormen CD-Verkäufen so gut, dass das US-Wirtschaftsmagazin »Forbes« Presley an die Spitze seiner Liste der toten Top-Verdiener setzte. Das hielt Lisa Marie Presley, einzige Tochter und Alleinerbin, nicht davon ab, kurz vor den Feiern zum 70. den größten Teil des väterlichen Nachlasses, einschließlich der Rechte am Namen Elvis Presley, für 100 Millionen Dollar (75 Millionen Euro) zu verkaufen.

Artikel vom 08.01.2005