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»Wir sind tieftraurig«

Bewegender Gedenkgottesdienst im Berliner Dom

Berlin (dpa). Die Spitzen von Staat und Gesellschaft haben gestern in einem bewegenden ökumenischen Gottesdienst im Berliner Dom zusammen mit Angehörigen den Opfern der verheerenden Flutkatastrophe in Südostasien gedacht.
An dem Gottesdienst nahmen unter anderem Bundespräsident Horst Köhler, Bundeskanzler Gerhard Schröder, die meisten Mitglieder des Kabinetts und Spitzenpolitiker der Opposition teil. Ferner waren die Ministerpräsidenten und das Diplomatische Korps anwesend.
Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Karl Lehmann, und der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Bischof Wolfgang Huber, schlossen vor allem die anwesenden Angehörigen der Flutopfer in ihre Trauer und Gebete ein. Zwei Wochen nach der Flutkatastrophe in Südasien hoben die beiden Kirchenführer aber auch die Leistungen der zahlreichen Helfer aus Deutschland hervor. Aufopfernd sei das Handeln derer, die Tote identifizierten und ihnen damit Namen und Persönlichkeit zurückgäben, hob Huber hervor.
»Wir sind tieftraurig und stehen dabei Schulter an Schulter mit allen, die den schweren Verlust eines geliebten Menschen zu beklagen haben«, sagte Lehmann. Huber betonte: »Vielen werden ihre Liebsten nicht zurückgegeben werden. Keinen Ort des Erinnerns werden sie haben. Gerade mit ihnen trauern wir an diesem Tag.« Die Predigten wurden nach außen auf eine riesige Leinwand übertragen. Für die Angehörigen standen zahlreiche Seelsorger bereit.
Huber und Lehmann erinnerten angesichts der jüngsten Ereignisse an Schreckensbilder aus der Vergangenheit. Nicht zufällig werde deshalb jetzt von einem »apokalyptischen Ausmaß« der Katastrophe geredet, unterstrich Lehmann. Die Menschen rückten enger zusammen. »Nun haben wir auch die Chance, dass wir im Sozialen und Humanitären globaler denken und empfinden«, meinte der Kardinal.
Huber sagte, nach der Welle aus Wasser müsse jetzt »die Welle des Schmerzes und der Ungewissheit, der Angst und der Verletzung ertragen werden«. Erlebnisse aus der deutschen Geschichte würden wach, »wenn wir nach Sprache suchen für das Entsetzen, das diese Welle in Südasien ausgelöst hat. Für manche von uns werden Bilder aus der Kriegszeit lebendig«, sagte Huber.
Lehmann meinte, die Katastrophe habe die Menschen auch deshalb besonders getroffen, »weil wir kaum Erklärungsmöglichkeiten haben. Es gibt keine kriminelle oder politisch motivierte Ursache, die auf Menschen zurückgeht, wie am 11. September 2001«.

Artikel vom 10.01.2005