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Neuaufbau
ist das Gebot
der Stunde

Fischer sichert Thailand Hilfe zu

Phuket/Berlin (dpa). Zwei Wochen nach der Flutkatastrophe hat sich Außenminister Joschka Fischer bei einem Besuch der Krisenregion über das Ausmaß der Zerstörung erschüttert gezeigt und einen schnellen Wiederaufbau angemahnt.

Bei einem Trauergottesdienst im Berliner Dom gedachten die Spitzen von Staat und Gesellschaft der fast 160 000 Flutopfer. Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) kritisierte die Parteiendebatte, ob sich Deutschland die 500 Millionen Euro Fluthilfe leisten könne, als »reichlich kleinlich«. Schröder hält auch nichts von dem Vorschlag, Arbeitslose zum Wiederaufbau-Einsatz in die Krisenregionen zu schicken. Nicht jeder schnelle Vorschlag sei auch gut, sagte er zu einem entsprechenden Vorstoß aus Union und FDP.
Noch immer werden knapp 18 000 Menschen vermisst, 1,1 Millionen sind obdach- oder heimatlos, teilten die Vereinten Nationen (UN) in Genf mit. Dort findet morgen eine zweite internationale Geberkonferenz statt.
Auf der ersten Etappe seiner viertägigen Reise lobte Fischer die Zusammenarbeit mit den Behörden und der Bevölkerung Thailands. Er dankte zugleich Thailand für die Hilfe, die das Land deutschen und anderen ausländischen Opfern der Katastrophe geleistet hat. Nach seinem Besuch im verwüsteten Gebiet von Khao Lak nördlich von Phuket versprach Fischer: »Wir werden alles tun, um Klarheit über das Schicksal der Vermissten zu schaffen.«
Kanzler Schröder sagte gestern Abend in der ZDF-Sendung »Berlin direkt«, er gehe von mehr als 1000 vermissten Deutschen aus. Er appellierte an die Bundesbürger, nach der Katastrophe in Asien »dort wieder Urlaub zu machen. Denn es wäre fatal, wenn man jetzt sagen würde: Nie wieder.«
Bildungsministerin Edelgard Bulmahn beauftragte das Potsdamer Geoforschungszentrum, ein Konzept für ein Tsunami-Frühwarnsystem im Indischen Ozean zu entwickeln. Schröder will sich Donnerstag darüber informieren. Für das Projekt stünden 40 Millionen Euro bereit, hieß es.
Unterdessen kam es auf Sri Lanka, wohin Fischer heute reisen wollte, zu verstärkten Spannungen zwischen Regierung und Rebellen. Medienberichten zufolge hatte die Regierung Sri Lankas UN-Generalsekretär Kofi Annan verwehrt, die von Rebellen kontrollierten Katastrophengebiete im Norden zu besuchen und dies mit Sicherheitsbedenken begründet.
Finanzminister Hans Eichel (SPD) kritisierte gestern den bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber (CSU). Dieser hatte Ende der Woche zur deutschen Hilfe in Höhe von 500 Millionen Euro gesagt: »Ich möchte gerne wissen, wie wir das finanzieren.« Eichel bezeichnete diese Äußerungen als »schäbig und perfide«. Bundeskanzler Schröder wies darauf hin, dass angesichts eines 251-Milliarden-Euro-Jahreshaushalts die angebotene Hilfe »0,04 Prozent des Etats bezogen auf fünf Jahre« ausmache.
Bei dem ökumenischen Gedenk-Gottesdienst im Berliner Dom sagte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Karl Lehmann: »Wir sind tief traurig und stehen Schulter an Schulter mit allen, die den schweren Verlust eines geliebten Menschen zu beklagen haben.«Sonderseite

Artikel vom 10.01.2005