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Mehr Mitsprache in der Europapolitik

Die CSU will die Rechte des Bundestages in EU-Fragen stärken

Kreuth (dpa). Die CSU will mehr Mitwirkungsrechte des Bundestags in der Europapolitik durchsetzen. Die Landesgruppe verständigte sich mit Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) gestern auf ihrer Klausurtagung in Wildbad Kreuth auf eine gemeinsame Linie. Nicolas Sarkozy (links) und Edmund Stoiber wollen die die Zusammenarbeit ihrer Parteien in Zukunft ausbauen. Foto: AP

Danach soll bei der anstehenden Verankerung des EU-Verfassungsvertrags in das deutsche Recht eine Änderung des Grundgesetzes zugunsten der Rechte des Bundestags in EU-Fragen erreicht werden.
Auf diese Position will die CSU in den nächsten Wochen zunächst die CDU festlegen und auch bei den anderen Parteien um Zustimmung werben. Der europapolitische Sprecher der Landesgruppe Gerd Müller sieht jetzt die CDU-Vorsitzende Angela Merkel, aber auch den für Außenpolitik zuständigen Fraktionsvize Wolfgang Schäuble (CDU) am Zug. »Nun sind Frau Merkel und Herr Schäuble gefordert, dies auch durchzusetzen.«
Zuvor hatte eine Gruppe von 18 CSU-Abgeordneten klar Position gegen den von den europäischen Staats- und Regierungschefs ausgehandelten EU-Verfassungsvertrag bezogen. Teilweise hatten sie mit der Ablehnung gedroht, was in jedem Fall einen neuen Konflikt mit der CDU heraufbeschworen hätte. Stoiber versuchte, mit seinem Eintreten für die Einführung von Zustimmungsrechten des Bundestags in Europafragen eine Brücke zu diesen internen Kritikern zu bauen.
Der neue Chef der konservativen französischen Regierungspartei UMP, Nicolas Sarkozy, will die Zusammenarbeit mit der CSU ausbauen. Er sei sich mit CSU-Chef Edmund Stoiber in vielen Fragen der Europapolitik völlig einig, sagte Sarkozy gestern bei der CSU-Klausur im oberbayerischen Wildbad Kreuth. Als Beispiele nannte er die deutsch-französische Freundschaft, eine Erweiterung der Achse Berlin-Paris sowie das Nein zu einer Vollmitgliedschaft der Türkei in der EU.
Stoiber sagte nach dem Gespräch mit Sarkozy in Wildbad Kreuth, die deutsch-französische Achse müsse um Länder wie Italien, Spanien, Großbritannien oder auch Polen erweitert werden. Sarkozy ergänzte: »Das Gewicht unserer beiden Länder ist in einer EU der 25 nicht vergleichbar mit dem in einer Sechser- oder Zwölfer-Gemeinschaft.« Die deutsch-französische Achse müsse daher weiter entwickelt werden, ohne den Eindruck zu erwecken, dass andere Länder davon ausgeschlossen würden.
Nach den Spannungen mit der CDU herrscht auch in der CSU Verunsicherung über den weiteren Weg aus der gegenwärtigen Krise der Union. Zwar bemühte sich CSU-Chef Edmund Stoiber gestern, das Misstrauen zwischen den Unionsparteien abzubauen. Doch auch am zweiten Tag der traditionellen Klausurtagung der CSU- Landesgruppe im oberbayerischen Wildbad Kreuth war allgemein die Stimmung über die Lage der Union gedrückt. Als Reaktion auf die massive Kritik aus der CDU an Aussagen von CSU-Landesgruppenchef Michael Glos zur Führung von CDU-Chefin Angela Merkel rief Stoiber die Union zur Einheit auf. »2005 ist das Jahr der Geschlossenheit«, sagte er.
Mit Blick auf Äußerungen von Glos, der Merkel auch eine durchaus noch verbesserungsfähige Teamfähigkeit attestiert hatte, sagte Stoiber: »Wir alle sind selbstständige Persönlichkeiten, die erheblich dazu beitragen, dass die politische Diskussion in diesem Land konturenreicher wird.«

Artikel vom 07.01.2005