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»Blitzableiter« als »Werther«

Carsten Kochan arbeitet in Bielefeld als Regieassistent und Schauspieler

Von Burgit Hörttrich und
Bernhard Pierel (Foto)
Bielefeld (WB). Ein junger Mann erfährt die Lust des leidenschaftlichen Berauschtseins. Carsten Kochan (31) weiß: Werther lebt. Schließlich hat er Goethes Briefroman bereits 50 Mal spielend vorgetragen - das nächste Mal wird in der Reihe »FreitagNacht« im Theater am Alten Markt am 14. Januar um 23 Uhr sein.

Kochan hat seit Jahren an freien Theatern im Ruhrgebiet gearbeitet - als Schauspieler, aber: »In freien Theatern muss man im Grunde alles machen.« Seit Beginn der Spielzeit ist er Regie-Assistent am Theater Bielefeld, stand aber inzwischen auch wieder auf der Bühne: in »Bifem« (TAMoben/ Vorstellung heute, 8. Januar).
Carsten Kochan hat am Theater Bielefeld gerade die Autorenbühne Neue Szene, der das TAMoben Raum gibt, gereizt. Was für ihn aber nicht gedeutet, dass er nichts wissen will von den Klassikern. Kochan: »Goethe ist genau so aktuell im Hier und Heute wie 'Bifem'.« Er räumt ein, dass der »Werther« zu der Sorte Literatur gehört, die mit Klischees behaftet sind. Er selbst habe in der Schule auch gestöhnt, als der »Werther« auf dem Stundenplan stand, aber: »Ich war sofort davon fasziniert.«
Vor einem Jahr habe er den »Werther« zuletzt gespielt, deshalb sei »äußerst gewissenhafte Vorbereitung« für ihn ein Muss, aber: »Über Gebühr aufgeregt bin ich nicht.« Vehement widerspricht er dem Vorurteil, Regieassistenten würden nur Kaffee kochen und Schauspieler bei Laune halten. Er hat beim TAMoben die Abendspielleitung, sorge für den reibungslosen Ablauf, sei das »Bindeglied zwischen Regisseur, Schauspielern und den anderen Abteilungen des Hauses«. Außerdem lernt er: »Ich möchte schließlich selbst Regie führen.« Es sei nicht von Nachteil, ein »dickes Fell« zu haben, denn: »Regieassistenten müssen gelegentlich als Blitzableiter herhalten.« Gleichzeitig findet Carsten Kochan: »Manchmal sind Spannungen durchaus hilfreich.« Der ideale Regieassistenten sei »gelassen und engagiert«.
Carsten Kochan wünscht sich ein »eigenes kleines Regie-Projekt«, will Erfahrungen sammeln. Schauspiel, Theater überhaupt, das sei sein »Ding«. Er gehe zwar gern ins Kino, aber Interesse an der Arbeit hinter der Kamera, die habe er eigentlich nicht. Kochan hat die Schauspielschule in Salzburg besucht, allerdings habe es ihm dort nicht gefallen, hat Theaterwissenschaften »bis zur Hälfte« studiert und jetzt »will ich wirklich weiter kommen«.

Artikel vom 08.01.2005