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Die EU will besser auf
Katastrophen reagieren

Wieczorek-Zeul: Schaffung einer Zivilschutztruppe sinnvoll

Brüssel (dpa). Die Europäische Union (EU) will ihre Fähigkeit verbessern, auf Katastrophen wie die Flutwelle in Asien rasch und wirksam zu reagieren.
Bundesaußenminister Joschka Fischer (Grüne) erklärte bei einem EU-Sondertreffen am Freitag, eine stärkere europäische Koordination »wäre überaus sinnvoll«. Er warnte zugleich vor Doppelstrukturen »aus Gründen der Effizienz und der Kosten«.
Bei dem Treffen der Außen-, Entwicklungs - und Gesundheitsminister in Brüssel blieben Einzelheiten jedoch noch unklar und umstritten. Die Minister wollten nach Angaben von Diplomaten lediglich beschließen, »die Möglichkeiten der Entwicklung einer Fähigkeit zu einer schnellen Antwort auf Katastrophen, wie wir sie gerade erlebt haben, zu prüfen«. Frankreich hatte »die Aufstellung einer europäischen Zivilschutztruppe« vorgeschlagen, die bestimmte nationale Einheiten »unverzüglich koordinieren und mobilisieren kann«.
Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD) bezeichnete die Schaffung eines »zivilen Katastrophendienstes« als »im Grundsatz auch auf europäischer Ebene eine hilfreiche Sache«. Wie ein solches Instrument aufgebaut werde, sei eine andere Frage: »Vor allem geht es wohl um die Koordination dessen, was es schon gibt.«
EU-Außenkommissarin Benita Ferrero-Waldner hatte die Schaffung eines 5000 Personen starken »Katastrophencorps« der EU vorgeschlagen. Auch Überlegungen, den Einsatz von Militär zu regeln, werden diskutiert.
Fischer vermied vor Journalisten Kritik an der Hilfeleistung der EU-Kommission nach Flutwelle in Südasien. Man werde aber »mit einigem Abstand auch auf europäischer Ebene darüber nachdenken müssen«, welche Lektionen aus der Katastrophe zu ziehen seien. »Insofern wäre eine entsprechende europäische Koordinationsfähigkeit unter Rückgriff auf die nationalen Fähigkeiten ohne jeden Zweifel ein Schritt nach vorne.«
Die EU-Minister zeigten sich bereit, die Schaffung eines Frühwarnsystems gegen Erd- und Seebeben in Asien zu unterstützen. Zunächst blieb noch unklar, wie viel Geld dafür ausgegeben werden soll. Nach Angaben von Wieczorek-Zeul bietet Deutschland bei diesem Frühwarnsystem vor allem technische Expertise im Kommunikationsbereich an: »Wir haben die Fähigkeit, die notwendigen Informationsketten zu schließen.«
Die Europäische Union bekräftigte ihre Bereitschaft, insgesamt 1,5 Milliarden Euro bei der Geberkonferenz am kommenden Dienstag in Genf anzubieten. Im Entwurf für das Kommuniqué der Ministerkonferenz wurde auch die Bereitschaft westlicher Staaten, über einen Schuldenerlass oder eine Schuldenstundung der asiatischen Katastrophen-Staaten zu verhandeln, begrüßt.
In der Abschlusserklärung, die den EU-Ministern vorlag, wird die Notwendigkeit betont, die Rolle der Vereinten Nationen bei der humanitären Aktion zu stärken. Der Vorschlag des deutschen Bundeskanzlers Gerhard Schröder (SPD), auf lokaler und regionaler Ebene Partnerschaften zwischen Europa und Asien zu begründen, wurde ausdrücklich begrüßt. Wieczorek-Zeul sagte: »Die verheerende Flut-Katastrophe in Südostasien zeigt, das es weltweit nicht nur eine Globalisierung der Märkte, sondern auch eine Globalisierung der Mitmenschlichkeit gibt.«

Artikel vom 08.01.2005