06.01.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Barras schnupperte froh -
da schlug man ihn blind

Joggerin verletzt altersschwachen Hund schwer

Von Matthias Meyer zur Heyde und Carsten Borgmeier (Foto)
Bielefeld (WB). Barras ist alt und grau. Seine Beine sind schon ein bisschen steif, beim Gassi gehen kann Barras sich nicht mehr so beeilen. Manchmal legt er den Kopf schief und blinzelt aus stark eingetrübten Linsen, wer ihm da wohl entgegenkommt. Am Montag war's eine Joggerin - sie hat ihm sein linkes Auge blindgeschlagen.

18 Jahre lang hat Barras sich um Freundschaft zu den Zweibeinern bemüht, aber die ersten zehn wurden ein Martyrium: Seine damalige Besitzerin kettete ihn an und verschwand in den Urlaub.
Nach tagelangem Jaulen wurde der halbverdurstete Barras gerettet, und vor acht Jahren nahm ihn Sandra Terzenbach-Blank zu sich. »Eigens wegen des Hundes sind wir an den Teutoburger Wald gezogen«, sagt Frauchen, denn der schwarze Labrador-Mischling sollte viel Auslauf haben. Jetzt im Hunde-Greisenalter stakst Barras gemächlich durchs Gelände, ist aber neugierig geblieben - jeder Tag hält neue Schnüffelüberraschungen für ihn bereit.
Eine böse Überraschung. »Gegen Mittag war ich auf dem Rückweg von der Hundewiese oberhalb von ÝBrands BuschÜ, und als ich mich umdrehte, sah ich eine Joggerin, die einen langen Ast aufhob und kräftig nach Barras schlug«, erzählt Sandra Terzenbach-Blank. Das überraschte Tier ächzte, drehte sich einmal und fiel dann auf dem Weg einfach um. »Der Tierarzt diagnostizierte einen Schmerzschock mit Kreislaufzusammenbruch.«
Während die Joggerin kehrtmachte und eilends Richtung Bethel verschwand, bemühte sich Sandra Terzenbach-Blank um ihren Hund, der sich aber nicht auf den Beinen halten konnte. »Da habe ich ihn, trotz seiner 23 Kilo, vier Kilometer weit nach Hause getragen.« Bis zum Abend blieb Barras am Tropf, dann empfahl der Tierarzt, ihn in häuslicher Umgebung zu beobachten.
»Durch den Schlag wurde die Hornhaut verletzt«, sagt Sandra Terzenbach-Blank. »Außerdem sind bestimmte Eiweiße, die sich bei Grauem Star bilden, ins linke Auge gelangt - auf dem ist Barras jetzt dauerhaft blind.«
Unglaublich, dass so etwas passieren kann, wenn man mit freundlich schiefgelegtem Kopf dasteht und auf eine Streicheleinheit hofft.
Am Dienstag war Barras völlig apathisch, jetzt schnüffelt er wieder - ganz vorsichtig -, wer ihn besuchen kommt. Zur Linderung seiner Schmerzen erhält er vier verschiedene Augentropfen, eine Augensalbe und Tabletten.
Paragraph 222 des Strafgesetzbuches sieht bei Tierquälerei eine Geldbuße und (im Wiederholungsfall) Freiheitsentzug vor. Wenn Sandra Terzenbach-Blank Anzeige erstattet, was sie heute tun will, geht der Vorgang an die Staatsanwaltschaft. Wegen der Schwere des Vorfalls wird nach der Joggerin gefahndet. Die war etwa 1,80 Meter groß, um die 40 Jahre alt, extrem mager und hatte lange braune Haare. Sie trug eine glänzende rote Jacke (evtl. aus Ballonseide) und mintgrüne Jogginghosen.
Barras wird ihr künftig aus dem Weg gehen. So schnell ihn seine altersmüden Beine tragen. Und sofern er seine Peinigerin überhaupt noch kommen sieht . . .

Artikel vom 06.01.2005