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Bütt mit Spendendose

Karnevalsvereine feiern und sammeln für Flutopfer

Von Dietmar Kemper und
Stefan Hörttrich (Foto)
Delbrück/Rietberg (WB). Die 50 000 Jecken in den 200 westfälischen Vereinen feiern trotz der Flutkatastrophe in Südostasien »ohne Abstriche« Karneval. Das hat gestern der Präsident des Bundes Westfälischer Karneval in Münster, Diethardt Oeding, angekündigt. Bei den meisten Veranstaltungen werde aber für die Flutopfer gesammelt.

Oeding berief sich auf einen Brief des Präsidenten des Bundes Deutscher Karneval (Köln), Franz Wolf, an die Verbands- und Festkomitee-Präsidenten. Darin heißt es: »Der Bund denkt nicht daran, Veranstaltungen abzusagen. Die wichtigste Aufgabe des Karnevals, der Fastnacht und des Fasching ist, Fröhlichkeit zu verbreiten, den Menschen Hoffnung und Mut zu geben.« Ein Verzicht auf den Karneval würde nichts an der katastrophalen Situation in Thailand, Sri Lanka, Indonesien und Indien ändern.
Deshalb lehnt der Bund Deutscher Karneval eine beispielsweise vom Bundeskanzler oder Bundespräsidenten angeordnete »Karfreitagsregelung« ab, der dann auch andere Unterhaltungsveranstaltungen zum Opfer fallen würden. »Wir hätten auch 1991 während des Golfkriegs feiern sollen«, sagte der Präsident der Grafschaftler Karnevalsgesellschaft Rietberg, Heinz-Jürgen Prinz, gestern dieser Zeitung. Die Entscheidung, die Umzüge abzusagen, habe vielleicht das Gewissen beruhigt, aber in der Sache nichts verändert. Karneval in Rietberg sei ein »großer Wirtschaftsfaktor«, und allein schon deshalb könne die bevorstehende Session nicht einfach abgesagt werden.
Aus Rücksicht auf die Flutopfer verzichtet der Stukenbrocker Karnevalsverein auf eine Tanznummer zum Radiohit »Die perfekte Welle« von der Pop-Gruppe Juli. Die Prunksitzungen und der Kinderkarneval finden aber statt. »Wir wollen mit dem Karneval ein paar Stunden Ablenkung vom Leid der Welt verschaffen«, begründete Simon Oekenpöhler vom SKV. Vor allem die Kinder wolle der Verein durch eine Absage nicht enttäuschen. Auch die Weiberfastnacht in Stukenbrock am 3. Februar ist fest eingeplant. Bärbel Grauthoff aus dem fünfköpfigen Organisationsteam: »Täglich melden sich Gruppen an - wegen der Flutwelle hat noch niemand abgesagt.«
Mit einer Absage wäre weder den Menschen in Asien noch in Ostwestfalen geholfen, erklärte der Erste Vorsitzende des Karnevalsvereins Eintracht von 1832 Delbrück e. V., Wigbert Rath. Der Verzicht auf Umzüge während des Golfkriegs 1991 habe weitere Kriege in der Region nicht verhindert. So wie bei den Überschwemmungen in Hamburg 1962 sammelt der Verein während der Session Spenden für die Flutopfer. »Das Geld wird nach Aschermittwoch an eine Hilfsorganisation übergeben«, kündigte Rath an. Der Bund Deutscher Karneval erinnert an ein Lied der Höhner. Darin wirbt die Gruppe philosophisch für Frohsinn: »Die Tränen, die du lachst, die brauchst du nicht zu weinen.« Seite 4: Kommentar

Artikel vom 06.01.2005