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Streit um Zuwanderung

Grüne gegen Beschränkung für Juden aus Osteuropa

Berlin (dpa). Im Streit um die Zuwanderung von Juden aus der ehemaligen Sowjetunion besteht der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Paul Spiegel, auf Zusagen von Innenminister Otto Schily.

Die Grünen lehnten eine erwogene Einschränkung ab. Der Parlamentarische Geschäftsführer ihrer Bundestagsfraktion, Volker Beck, reagierte gestern in Berlin verwundert auf die angebliche Absicht der Innenminister-Konferenz (IMK), die Regeln für den bisher weitgehend freien Zuzug von Juden aus Osteuropa deutlich zu verschärfen. Die IMK hatte am Jahresende einen Beschluss gefasst, der aber nicht veröffentlicht wurde.
Das Bundesinnenministerium verwies darauf, dass wegen des seit 1. Januar geltenden Zuwanderungsgesetzes eine Neuregelung nötig sei. Diese zunächst von den Ländern zu treffende Regelung bedürfe aber des Einvernehmens mit dem Bundesinnenminister. Schily hatte mehrfach - auch im Gespräch mit Spiegel - erklärt, dass es eine Neuregelung nur im Einvernehmen mit dem Zentralrat geben werde. Dabei ist laut Schily darauf zu achten, »dass künftig keine Personen mehr nach Deutschland kommen, die nicht unter den geschichtlich begründeten Schutzgedanken dieser Regelung fallen«.
Der Grünen-Politiker Beck sieht »erheblichen Klärungsbedarf«, wie er der »Netzeitung« sagte. Bei den Verhandlungen über den Zuwanderungskompromiss habe Einigkeit bestanden, dass es beim Zuzug der jüdischen Kontingentflüchtlinge »keine substanziellen Änderungen« geben solle. Der Begriff »Kontingentflüchtlinge« bezeichnet eine Gruppe rechtlich privilegierter Flüchtlinge aus Krisenregionen, die im Rahmen humanitärer Hilfsaktionen aufgenommen werden. Für jüdische Zuwanderer aus der ehemaligen Sowjetunion wird das entsprechende Gesetz von 1980 nach einem Beschlusses der Regierungschefs des Bundes und der Länder vom 9. Januar 1991 angewandt.
Nach einem Bericht der »Süddeutschen Zeitung« bleiben die Innenminister der Länder bei einer harten Linie. Der Zuzug soll begrenzt und an Bedingungen geknüpft werden. Ein »Teilbeschluss« vom 29. Dezember 2004 sehe »zur Klärung der Rechtslage« eine vorbehaltlose Aufnahme jüdischer Auswanderer nur noch dann vor, wenn diese bereits eine Zusage eines Bundeslandes vorweisen können. Diese Gruppe umfasse 27 000 Menschen. Dies gelte aber nicht für eine zweite Gruppe von weiteren 27 000 Juden, die einen Antrag auf Zuzug gestellt, aber bis zum 1. Januar keine Zusage erhalten hätten. Über sie solle die IMK spätestens im Juni entscheiden.
Aus der IMK hieß es dem Bericht zufolge, als Zuzugskriterien könnten künftig vor allem das Beherrschen der deutschen Sprache, aber auch die Befähigung des Zuwanderers gelten, auf dem deutschen Arbeitsmarkt Fuß zu fassen.

Artikel vom 06.01.2005