08.01.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Wüste kennt kein Erbarmen

Sandstürme und schlechte Sicht bei der Rallye Dakar - Etappe abgesagt

Von Wolfgang Schäffer
Tichit (WB). Die mauretanische Wüste zeigt sich von ihrer unbarmherzigen Seite. Sandstürme und schlechte Sicht fordern bei der Rallye Dakar ihren Tribut. Menschen und Maschinen sind am Rande ihrer Leistungsfähigkeit - und auch darüber. Die achte Etappe am Freitag wurde gar abgesagt. Die Sicherheit der Wüstenrallye war nicht mehr zu gewährleisten.
Die Wüste lebt: Sandstürme erschweren den Dakar-Fahrern das Rallye-Leben.

»Das war der härteste Tagesabschnitt, den ich jemals bei einer Dakar gefahren bin. Zum Schluss sind wir mit Tempo 30 bis 40 ins Ziel geschlichen.« Sichtlich gezeichnet von den Strapazen und mit dem letzten Tropfen Sprit kam Vorjahres-Sieger Stéphane Peterhansel mit seinem Mitsubishi Pajero am Donnerstag ins Ziel. Mehr als 20 Minuten hatte der dem Zweiten, Nasser Saleh Al-Attiyah (BMW X5) abgenommen, der wiederum nicht einmal 30 Sekunden Vorsprung vor Jutta Kleinschmidt ins Ziel rettete. Die VW Race Touareg-Pilotin, die als bislang einzige Frau überhaupt diese Wüstenrallye gewinnen konnte, liegt inzwischen auf Rang drei in der Gesamtwertung und hat Platz zwei im Visier.
»Das war eine absolut extreme Prüfung. Der starke Gegenwind und die schlechte Sicht haben uns alles abverlangt. Nach den Dünen war das Kamelgras zum Schluss noch einmal äußerst unangenehm. Ich bin wirklich erleichtert, dass wir diesen Tag so gut bewältigt haben.« Völlig ausgepumpt zog die 42-Jährige dieses Fazit und verschwand. Doch nicht etwa, um sich zur Ruhe zu begeben. Nach einer kurzen Essenspause machte sie sich gemeinsam mit ihrer Beifahrerin Fabrizia Pons aus Italien an die Arbeit, ihr Auto für den nächsten Tag vorzubereiten. Denn die Rallye-Leitung hatte sich eine besondere »Gemeinheit« zwischen den 660 und 540 Kilometer langen Marathon-Etappen am Donnerstag und Freitag einfallen lassen: Die Technik-Teams der Mannschaften durften nicht zu den Fahrzeugen. Fahrer und Beifahrer mussten selbst schrauben.
Und das war bei denen, die im Camp eintrafen, meistens dringend notwendig. Das Material war auch an diesem Tag wieder größten Belastungen ausgesetzt gewesen. Viele Dakarfahrer kamen nach Defekten oder auch wegen Spritmangels erst Stunden nach dem Sieger ins Ziel. Dazu zählte auch Andrea Mayer, die Lebensgefährtin und Team-Kollegin von Peterhansel. Mehrfach hatte die 36-Jährige ihren Mitsubishi Pickup im Lauf des Tages im Sand festgefahren. Das spritfressende »Freischaufeln« rächte sich sechs Kilometer vor dem Ziel. »Da war der Tank leer. Nur Dank der Benzinspende eines Kollegen sind wir noch ins Camp gekommen.« Erleichterung bei Mayer, die trotz des auf mehr als sechs Stunden angewachsenen Rückstands auf die Spitze mit Auto und Beifahrer zufrieden ist. Festfahren und Spritmangel kommentierte sie mit: »So ist halt die Dakar.« Eine Vielzahl von Fahrer verbrachten mit ihren Autos und Motorrädern die Nacht in der Wüste. Sie erreichten erst am Freitag Vormittag das Camp. Zu einem Zeitpunkt, als die achte Etappe längst gestartet sein sollte. Doch der Sandsturm ließ ein Aufsteigen der für die Sicherheitsüberwachung notwendigen Hubschrauber nicht zu. So rollte die Karawane im Pulk auf kürzestem Weg zum Startpunkt der neunten Etappe. Sehr zum Leidwesen von Mitsubishi. Sprecher Florian Moser: »Wir hatten uns eine Menge für die zweite Marathon-Etappe vorgenommen. Stéphane sollte den Vorsprung ausbauen. Entschieden ist die am 16. Januar in Dakar endende jedenfalls noch längst nicht.«

Artikel vom 08.01.2005