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Bauer hörte
Telefon ab

Frau hatte Verhältnis - Keine Strafe

Von Christian Althoff
Minden (WB). Ein Landwirt aus Minden, der intime Telefongespräche zwischen seiner Ehefrau und dem örtlichen Pfarrer auf Tonband aufgenommen hatte, bleibt unbestraft. Ein Richter des Mindener Amtsgerichtes folgte gestern dem Antrag des Staatsanwaltes und stellte das Verfahren wegen geringer Schuld ein.
Landwirt Burkhard S. (l.) im Gerichtssaal mit seinem Anwalt Dr. Holger Rostek. Foto: Althoff

Landwirt Burkhard S. (50) aus Minden-Todtenhausen hatte zuvor ein Geständnis abgelegt und zugegeben, im Mai 2003 mit einem Anrufbeantworter Telefongespräche seiner Frau aufgezeichnet zu haben: »Ich war damals in einer Notlage und sah keine andere Möglichkeit, um mich gegen eine Rufmordkampagne zur Wehr zu setzen«, begründete der Bauer die illegale Abhöraktion. Seine Frau habe damals ein Verhältnis mit Hartmut B. (49) gehabt, dem geschiedenen Pfarrer der evangelischen Christusgemeinde in Todtenhausen. »Doch das Presbyterium und die Landeskirche unternahmen alles, um den Pfarrer zu decken und mich als Verleumder darzustellen«, sagte der Angeklagte.
Als der Ortsvorsteher sogar 800 Solidaritätsunterschriften für den Geistlichen gesammelt habe, habe er sich nicht mehr anders zu helfen gewusst, als das Telefon abzuhören: »Ich wollte einen Beweis haben, den niemand mehr anzweifeln konnte.«
Strafverteidiger Dr. Holger Rostek (»Das waren wirklich sehr intime Telefonate...«) beschränkte sich im Prozess darauf, eher unverfängliche Passagen aus den illegal aufgenommenen Tonbändern zu zitieren. »Der Pastor flüsterte der Frau Zärtlichkeiten zu, die keinen Zweifel an der Beziehung der beiden zulassen«, stellte der Anwalt fest.
Die Tonbänder hatte Burkhard S. damals zwei Verwandten vorgespielt, »um nicht länger als Verleumder dazustehen.« Als seine Frau von den Cassetten erfuhr, erwirkte sie eine einstweilige Verfügung gegen ihren Mann, mit der ihm die weitere Verwendung der Tonbänder untersagt wurde.
Außerdem leitete die Staatsanwaltschaft Bielefeld ein Ermittlungsverfahren gegen den Bauern ein - wegen »Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes«.
»Das Schicksal, dass ihre Ehe in die Brüche gegangen ist, teilen sie mit Tausenden«, erklärte der Richter. Dass möglicherweise der Pfarrer der Trennungsgrund gewesen sei, sei zwar ungewöhnlich, erlaube aber nicht den Lauschangriff. Ein rechtfertigender Notstand habe nicht vorgelegen, machte der Richter klar. Rechtsanwalt Rostek hielt dagegen, es handele sich eben nicht um einen Scheidungsfall wie ungezählte andere: »Fast ein ganzes Dorf hat meinem Mandanten monatelang vorgeworfen, den Pastor verleumdet zu haben.« Erst vor wenigen Wochen hätten der Geistliche und die Frau ihre Liebe gegenüber dem Presbyterium eingestanden. »Hätten sie das eher getan, hätte mein Mandant nichts Illegales tun müssen, um seinen Ruf zu retten.«
Selbst dem Staatsanwalt erschien die Schuld des Bauern schließlich so gering, dass er eine Einstellung des Verfahrens auf Kosten der Landeskasse anregte. Die Ehe des Bauern ist inzwischen geschieden, die 14 und 16 Jahre alten Kinder leben bei ihrer Mutter. Az. 61 Js 698/03/231/04

Artikel vom 05.01.2005