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Ein Strandkorb für den
Urlaub im eigenen Garten

Müsings Schatztruhe produziert die Wohnideen selbst

Von Michael Diekmann
und Bernhard Pierel (Fotos)
Bielefeld (WB). Der alteingesessene Handwerksbetrieb, der Metallbauer, der weltweit exportiert, das exklusive Fachgeschäft in der City: Der Mittelstand ist Rückgrat der Wirtschaft und Garant für die Zukunft. Das WESTFALEN-BLATT stellt in einer Serie erfolgreiche Mittelständler vor. Heute: »Die Schatztruhe« Gerhard Müsing.

Als sich die Tür zu der imposanten Ausstellung öffnet, geht in Hillegossen die Sonne auf, und das Strandleben beginnt. Zielsicher steuert Gerhard Müsing auf das Modell »Classic XL« zu. »Das ist 1,5 Meter breit, da können wir einen Familienrat halten«, bemerkt Müsing augenzwinkernd und nimmt mit den Söhnen Jörn (37) und Volker (34) im schick kariert-gemusterten Ambiente des Strandkorbes Platz.
In der kommenden Woche wird die Produktion wieder in ihrer gesamten Ausdehnung an der alten Detmolder Straße in Betrieb gehen. Wer die Ausstellung der »Schatztruhe« im Januar 2005 sieht, kann sich ein Bild davon machen, welch unvorstellbare Energieleistung Müsing mit seiner gesamten Mannschaft in einem knappen Jahr vollbracht hat. Die schwärzeste Stunde der 1970 gegründeten Tischlerei von Gerhard Müsing hatte am 17. Dezember 2003 geschlagen, als ein verheerender Großbrand die gesamte Produktion und Ausstellung in Schutt und Asche legte. Heute pulsiert in der neuen Betriebsstätte an alter Stelle das Leben, und Gerhard Müsing ist überzeugt: »Unsere Mannschaft ist noch mehr zusammengewachsen. Dieser Einschnitt hat uns weiter geformt. Da ist jeder über sein normales Leistungsmaß hinausgegangen.«
Die Einzelteile für den Produktionsanlauf von Deutschlands größter binnenländischer Strandkorb-Produktion sind bereits im Ausweichquartier in Oerlinghausen vorgefertigt worden. Der Nähsaal für die Stoffverarbeitung wird gerade montiert. Was die Müsings besonders stolz macht: Die Ausstellung, doppelt so groß wie zuvor, ist bereits fertig und lädt Gartenfreunde zum Bummeln und Stöbern ein. Und von den Gartenfreunden, weiß Gerhard Müsing, gibt es immer mehr: »Das eigene Heim steht hoch im Kurs, ein Urlaub in Bad Meingarten ist durchaus schick, wenn die Außenanlage ihren besonderen Reiz hat.«
Und dazu gehören nicht nur in Ostwestfalen-Lippe immer häufiger Strandkörbe. Das erste Exemplar, erinnert sich der Holzkaufmann, hatte er seinerzeit für Ehefrau Irmgard angefertigt und damit, wenn auch auf Umwegen, eine Lawine losgetreten. Viele Freunde wollten auch so einen Korb, obwohl der begeisterte Sylt-Urlauber seinen Prototypen heute selbst als schlecht bezeichnet: »Aber seither haben wir den Strandkorb systematisch optimiert.« Angefangen beim Standard-Serienmodell für gut 400 Euro, ist nach oben keine Grenze: Es gibt drei Größen und inklusive 120 Stoffen eine unendliche Zahl von Variationen.
Müsings Firma, die Schatztruhe, leistet den Vertrieb in OWL. Die parallele Produktion beliefert Händler in Kiel und München, aber auch im europäischen Ausland und seit kurzem auch in Amerika. Insbesondere Menschen mit deutschen Wurzeln in Florida oder Kalifornien holen sich ein Stück Heimat in den Korb. Müsings Söhne Jörn und Volker, beide gelernte Kaufleute, waren von Vaters Strandkorbideen so begeistert, daß sie freiwillig die Nachfolgeregelung im Familienbetrieb lösten. Müsing: »Die Jungs kamen aus Überzeugung. Das macht mich ein wenig stolz.«

Artikel vom 05.01.2005