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Leitartikel
Union Anfang 2005

Keine gute
Ausgangslage
für Merkel


Von Dirk Schröder
Wohin geht die Reise im gerade begonnenen Jahr für die Union? Diese Frage stellen sich nicht nur viele Bürger, auch innerparteilich ist es noch längst nicht ausgemachte Sache, wer denn 2006 die CDU/CSU in den Bundestagswahlkampf führt. Ohne Zweifel wird 2005 ein Schicksalsjahr für die CDU-Vorsitzende Angela Merkel, aber auch die Union insgesamt. Der Ausgang der Landtagswahlen in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen entscheidet nicht nur darüber, ob die CDU-Chefin den amtierenden Bundeskanzler Gerhard Schröder herausfordern wird. Die Ergebnisse der Landtagswahlen sind auch ein wichtiger Fingerzeig, ob die Union überhaupt die Chance hat, die Regierung nach acht Jahren wieder zu übernehmen.
Ziemlich angeschlagen hat die CDU das vergangene Jahr hinter sich gebracht, und Angela Merkel selbst musste kurz vor Jahresschluss mit dem Rücktritt ihres »Generals« Laurenz Meyer noch einen derben Schlag verdauen.
Im neuen Jahr sollte alles besser werden. Aber weit gefehlt. So hat sich die CDU-Chefin den Start nicht vorgestellt. Statt sich mit der »verfehlten Politik von Rot-Grün« auseinandersetzen zu können, muss sie sich weiterer Seitenhiebe aus der CSU erwehren. Allen Selbstbeschwörungen zum Trotz, die Schwesterparteien sind längst nicht versöhnt. Kreuth hin oder her, was in diesen Tagen geschieht, geht weit über die Sticheleien hinaus, die nun schon seit 30 Jahren zum Ritual der traditionellen Winterklausur der CSU im Oberbayerischen gehören.
Von den wohlmeinenden Ratschlägen des CSU-Chefs Edmund Stoiber, »nur gemeinsam sind wir stark«, ist wenig zu halten, wenn er gleichzeitig zulässt, dass aus der CSU-Spitze Angela Merkel mangelnde Teamfähigkeit vorgeworfen wird. Mit Teamgeist hat doch auch er nur wenig im Sinn. Seine Taktik ist zu durchsichtig. Die Seitenhiebe sollen Merkels Führungsanspruch schwächen - vielleicht kann er ja doch noch zum Zuge kommen. Und wenn es dann bei den Landtagswahlen nicht klappen sollte, ist der Schwarze Peter schnell verteilt.
Deutlich wird in diesen Tagen auch, dass Angela Merkel diesen Querschüssen aus Bayern ziemlich schutzlos gegenüber steht. Wo ist die Truppe um die CDU-Chefin herum, die ihr beisteht? Die Antwort ist einfach: Es gibt sie nicht mehr, hat sie eigentlich nie gegeben. Angela Merkel steht ziemlich alleine da.
Die Landesfürsten, ob sie nun Roland Koch, Christian Wulff oder Peter Müller heißen - auch der als Nachfolger von Erwin Teufel in Baden-Württemberg vorgesehene Günther Oettinger zählt dazu - lauern im Hintergrund.
Und viele im Wahlvolk sehen die Zeit einer Erneuerung der CDU gekommen, was auch eine Leserzuschrift dieser Tage deutlich macht: Die CDU brauche eine Führungskraft, die soziale Werte vertrete, die dem Bürger Vertrauen, Hoffnung und Zuversicht vermittle.
Keine gute Ausgangslage für Angela Merkel.

Artikel vom 07.01.2005