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Sponsor zahlt weiter

Der Fall Stadler: Entschuldigung und Suspendierung

Von Klaus Lükewille
Bielefeld (WB). Ein Triathlet in der Kritik: Die MTG Mannheim, sein Verein, hat Normann Stadler am Dienstag suspendiert. Das Bielefelder Fassaden- und Fenster-Unternehmen »Schüco«, sein Hauptsponsor, will mit dem Spitzensportler aber weiter zusammen arbeiten.

»Wir haben nach den Vorfällen mit Herrn Stadler selbstverständlich sofort Kontakt aufgenommen. Er hat uns glaubhaft versichern können, dass das umstrittene Interview in der Frankurter Allgemeinen Sonntagszeitung nicht von ihm autorisiert worden sei. Außerdem, sagt Stadler, ist er hier auch mehrfach falsch zitiert worden.« Das ist die Stellungnahme von Thomas Lauritzen, dem Schüco-Sprecher zu einem »Fall«, in dem sich sogar Bundeskanzler Gerhard Schröder zu Wort gemeldet hatte.
In einem von der »FAZ am Sonntag« am 2. Januar 2005 veröffentlichten Interview hatte sich Stadler (31) über die Reihenfolge bei der Sportler-Wahl 2004 beschwert. Der Wortlaut: »Ein echtes Problem habe ich damit, dass mit Woytek Czyz ein Behinderter vor mir steht. Man muss die Leistung honorieren. Ich habe mir siebzehn Jahre den Hintern aufgerieben, und dann kommt wegen irgendeiner Story ein behinderter Sportler, der das seit zwei Jahren macht, da vorne rein, weil er in Athen den Bundeskanzler umarmt hat.«
Auch über die Platzierung des Turners Florian Hambüchen ärgerte sich Stadler: »Das ist ein netter, junger Kerl. Aber der war einmal Siebter bei Olympia.«
Bei der Abstimmung landete Czyz auf Rang fünf, Hambüchen wurde Siebter, Stadler Neunter.
Bundeskanzler Schröder geißelte die Stadler-Aussagen: »Unglaublich und beschämend. Eines wahren Sportsmannes unwürdig. Ein ganz böses, ja bösartiges Foul.« Der Vereinsvorstand von MTG Mannheim gab eine Presseerklärung heraus: »Wir sehen uns veranlasst, Herrn Stadler mit sofortiger Wirkung aus unserem Triathlon-Team zu suspendieren. Die Sportler unseres Verein möchten sich von den Aussagen des Herrn Stadler deutlich distanzieren.«
Der Hauptsponsor des Hawaii-Gewinners denkt jedoch vorerst nicht an Konsequenzen. Erst im November 2004 wurde in Bielefeld der Vertrag abgeschlossen, der den Weltklasse-Triathleten für zwei Jahre an »Schüco« binden soll. Firmensprecher Lauritzen stellte fest: »Herr Stadler hat nach dem Vorfall natürlich sofort reagiert, er ist wieder auf dem richtigen Weg.«
Der Leichtathlet Czyz, der bei den Paralympics die Rennen über 100 und 200 Meter sowie den Weitsprung gewonnen hatte, nahm inzwischen die Entschuldigung an: »Stadler hat mich angerufen und zugegeben: Ich habe da Bockmist gebaut. Die Sache ist abgehakt.«
Darauf hofft jetzt auch der Triathlet, der zudem bei einer Veranstaltung in Frankfurt Bonus-Gelder in einen Behinderten-Fonds zahlen will. Stadler, nervlich angeschlagen, denkt aber auch über eine »Flucht« nach: »Wenn das so weitergeht, wenn die Kritik anhält, dann bin ich bald weg aus Deutschland.«

Artikel vom 05.01.2005