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Nach Schock und Soforthilfe
nun beim Wiederaufbau helfen

Struck: »Wir können das Leid nur mildern, nicht völlig beseitigen«

Von Dorothea Hülsmeier
Berlin (dpa). Nach dem Schock über das gewaltige Ausmaß des Seebebens und der Flutwellen in Südostasien richtet sich der Focus nun auf den langfristigen Wiederaufbau der zerstörten Regionen.

»Wir können Leid nur mildern, nicht völlig beseitigen«, sagte Verteidigungsminister Peter Struck (SPD) nach der Ankunft eines weiteren »MedEvac«-Airbus mit europäischen Verletzten und zeigte damit die Grenzen der Hilfe auf.
Noch läuft die Soforthilfe auf Hochtouren. Allein die Bundeswehr hat 6,5 Tonnen Sanitätsmaterial, 2500 Schlafdecken und 22 000 Handtücher bereitgestellt und mehr als 130 Patienten ausgeflogen. Die erste Not der Opfer sei jetzt gelindert, sagte Struck. Nun müsse den betroffenen Regionen geholfen werden. Damit keine Lücken zwischen der kurz- und längerfristigen Hilfe entstehen, tagte im Auswärtigen Amt bereits zwei Mal eine interministerielle Arbeitsgruppe.
Mit Rekordhilfszusagen und -spenden hat die Weltgemeinschaft reagiert. »Man muss jetzt eine internationale Arbeitsteilung vereinbaren«, mahnte Struck. »Manchmal habe ich die Sorge, dass die Helfer sich gegenseitig umrennen und manche Aufgaben nicht ordentlich erledigt werden, weil es zu viele gibt, die helfen wollen.« Die EU warnte vor einem »Wettbewerb der Hilfszusagen«. Dahinter steckt die Sorge, dass es in der Region zu einem Wettlauf der Interessen der westlichen Staaten kommen könnte.
Auch die Bundesregierung muss ihre Hilfe abstimmen. In einer Sondersitzung wird das Bundeskabinett heute aller Voraussicht nach die bisher gezahlte Soforthilfe von 20 Millionen Euro weiter aufstocken. Mit diesem Geld wurden bislang 30 humanitäre Einzelprojekte finanziert.
Berichte, wonach die Fluthilfe auf 500 Millionen Euro ausgeweitet werden soll, wurden gestern aus Regierungskreisen in Berlin bestätigt.
Voraussichtlich müssen die benötigten Millionen für die Wiederaufbauhilfe auch durch Umschichtungen in allen Ressorts mobilisiert werden. Eingebettet wird die deutsche Hilfe in die europäische und internationale Unterstützung für die verwüsteten Regionen. Nächster Schritt ist am Donnerstag eine internationale Geberkonferenz in Jakarta, an der UN-Generalsekretär Kofi Annan und für die EU Kommissionspräsident José Manuel Barroso teilnehmen. Am Freitag kommen die EU-Außen- und Entwicklungsminister in Brüssel zusammen.
Deutschland sollte nach den Worten Strucks für ein Gebiet besondere Verantwortung übernehmen. Bislang war Sri Lanka Schwerpunkt der deutschen Katastrophenhilfe. Struck schlug jetzt die besonders stark zerstörte Region Aceh im Norden Sumatras vor. Dort könne die Bundesrepublik mit Australien kooperieren. Kommende Woche wird das Versorgungsschiff »Berlin« mit 45 Krankenbetten und zwei Operationssälen in Nordsumatra eintreffen.
Das Auswärtige Amt will in der Region Aceh zudem zwei Krisenaußenposten mit jeweils sechs Mitarbeitern und einheimischen Helfern einrichten. Mitte der kommenden Woche soll auch das Rettungszentrum der Bundeswehr in Aceh stehen. 120 Personen werden sich dort um die Verletzten kümmern. Unklar ist, wie lange die deutsche Hilfe für den Wiederaufbau dauern wird: »Wir können uns langfristig in den Regionen aufhalten«, sagte Struck.
Das Deutsche Rote Kreuz rechnet damit, noch zwei Jahre in der Region tätig zu sein, um beim Wiederaufbau zu helfen.

Artikel vom 05.01.2005