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Auch Bielefeld muss sparen

Zustandsbericht der Deutschen Orchestervereinigung erregt Besorgnis

Von Uta Jostwerner
Bielefeld (WB). An Hiobsbotschaften ist der kulturinteressierte Bürger in Zeiten knapper Kassen schon gewöhnt. Wenig Hoffnung auch vermittelt der Bericht des Geschäftsführers der Deutschen Orchestervereinigung, Gerald Mertens, der in der neuesten Ausgabe von »politik und kultur«, der Zeitschrift des Deutschen Kulturrates, die 136 deutschlandweit bestehenden Berufsorchester bedroht sieht.

Seit 1992 sind 32 Orchester durch Auflösung, Fusion oder gar Insolvenz abgebaut worden, heißt es in dem Zustandsbericht. Viele Musiker verzichteten heute teilweise auf Vergütung, um ihren Betrieb nicht in weiteren Personalabbau zu drängen oder in Zahlungsunfähigkeit rutschen zu lassen. Nur wenige Musiker fänden bei Auflösung, Verkleinerung oder Insolvenz wieder eine neue Orchesterstelle. Auf eine Stelle, etwa beim Sinfonieorchester des Westdeutschen Rundfunks, kämen bis zu 300 Bewerbungen.
Muss auch das Philharmonische Orchester der Stadt Bielefeld um Stellen oder gar Auflösung bangen, wollte das WESTFALEN-BLATT wissen und fragte bei Klaus-Dieter Giersch, Verwaltungsdirektor des Theater Bielefeld, nach. »Bei uns gibt es keine Tendenzen, die in Richtung Verkleinerung oder Auflösung gehen«, gab Giersch gestern Entwarnung. Als B-Orchester mit 67 Planstellen -ÊMinimum sind 66, die Obergrenze für ein Orchester der Kategorie B liegt bei 98 Stellen -Êkönne sich Bielefeld keinen Stellenabbau mehr leisten, ohne den Qualitätsstandard zu gefährden.
Zu 70 bis 80 Prozent sei das Orchester im Bereich des Musiktheaters eingespannt. Würde man es auflösen, müssten die Theaterdienste dazu gekauft werden. Giersch: »Das wäre keinesfalls billiger. Da wir das Stadttheater sanieren, wäre es jetzt kontraproduktiv, Personal abzubauen.«
Was das Gehalt betreffe, so seien die Orchestermusiker über die Tarifverträge des DOV (Deutscher Orchester Verband) gut abgesichert. Auf Gehalt verzichten müsse somit niemand.
Indes, so Giersch, sei auch das Orchester im Rahmen des Haushaltssicherungskonzeptes verpflichtet, Einsparungen zu erbringen. Konkret bedeutet dies, dass für Großprojekte weniger Aushilfen engagiert werden können. Derzeit wird zudem an der Optimierung der Orchesterdienste gefeilt. Da es in der Natur der Sache liege, dass das tariflich geregelte Maximum an Diensten nicht von jedem Instrumentalisten erbracht werden könne -Êeine Harfe etwa wird nicht so häufig benötigt wie ein Streichinstrument - würden derzeit alternative Einsätze überlegt. Vorstellbar wäre, Musiker, die bei gleichem Gehalt weniger Dienste leisten, stärker in die Theaterpädagogik einzubinden. Insgesamt aber, so Giersch, gebe es ein politisches Bekenntnis zum Orchester und zum Drei-Sparten-Haus.

Artikel vom 05.01.2005