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»Irgendwo zwischen Münster und Madrid«

Im Gespräch: Hans-Hermann Schwick, Präsident Arminia Bielefeld

Bielefeld (WB). Hans-Hermann Schwick führt den Fußball-Bundesligisten Arminia Bielefeld nun schon im 15. Jahr als Präsident. Nie zuvor blickte der Klubchef so zuversichtlich in die Zukunft wie im Gespräch mit WESTFALEN-BLATT-Redakteur Hans Peter Tipp. »Arminia ist dabei, einen festen Platz in der Bundesliga einzunehmen«, sagte Schwick.

Herr Schwick, Sie haben während der Hinrunde von der sportlich besten Arminia aller Zeiten gesprochen. Würden Sie jetzt schon von einer neuen, einer anderen Arminia sprechen?Hans-Hermann Schwick: Es hat immer ein Auf und Ab gegeben, immer gute und schlechte Phasen. Aber ich habe noch nie eine so langanhaltende gute Phase, auch was das spielerische Niveau unserer Mannschaft anbetrifft, erleben dürfen. Das macht mich sehr hoffnungsfroh, den Verein jetzt wirklich in ruhigeres Gewässer fahren zu können. Es ist keine andere Arminia, keine neue Arminia, aber es ist eine, die sich konsolidiert hat und dabei ist, einen festen Platz in der Bundesliga einzunehmen.

Um ein anderes Bild von Ihnen aufzunehmen: Ist Arminias Tanz auf der Rasierklinge ungefährlicher geworden?Schwick: Ein so kleiner Verein wird es immer schwer haben. Er hat immer damit zu kämpfen, an Grenzen zu stoßen. Es ist ja nicht so, dass wir alle eingehenden Gelder in die Mannschaft investieren können. Wir müssen weiter an den Strukturen arbeiten: das Stadion ausbauen und als Lizenzbedingung das Trainingsgelände auszubauen. Das sind Aufgaben, an denen sicherlich auch die nächste Vorstandsgeneration mitarbeiten muss.

Wann rollen an der Hagemann-Straße die Bagger an?Schwick: Erst einmal müssen wir die Grundvoraussetzungen schaffen und einen kleinen Teil des Geländes kaufen und den übrigen langfristig anpachten. Das wird wohl in Kürze geschehen. Der erste Schritt wird aber nicht sein, gleich Bagger anrollen zu lassen, um das Gebäude fertig zu stellen, sondern in der Sommerpause der Lizenzspielermannschaft menschenwürdige Duschbedingungen zu schaffen. Damit wird dort kein Luxus, sondern erst einmal Normalität Einzug halten.

Allen positiven Tendenzen zum Trotz hat es in den vergangenen Wochen einige Missklänge gegeben. Zum ersten Mal in der Vereinsgeschichte ist ein Aufsichtsratsmitglied ausgeschlossen worden. Gab es keine andere Lösung?Schwick: Führung heißt manchmal auch, unbequeme Entscheidungen zu treffen. Andere Lösungen gab es in diesem Zusammenhang nicht. Sie ist im Einklang mit allen Vereinsgremien erfolgt.

Wollen Sie den Posten in Kürze neu besetzen?Schwick: Wir stehen nicht unter Zeitdruck. Aber ich glaube, dass die Gesellschafter sich in zeitlicher Nähe des ersten Rückrundenheimspiels zusammensetzen und besprechen werden, wer die Nachfolge antritt.

Was halten Sie von den Überlegungen, im Aufsichtsrat nicht nur Unternehmer, sondern auch ehemaligen Spieler aufzunehmen?Schwick: Das Selbstverständnis des Aufsichtsrates nach dem Aktiengesetz ist ein kontrollierendes und beratendes Gremium zu sein, primär in wirtschaftlichen und finanziellen, nicht jedoch in sportlichen Belangen. Es wäre vielleicht möglich, einen Sportbeirat zu bilden, aber dadurch könnte die sportliche Führung auch ihre eigene Kompetenz eingeschränkt sehen. Es gibt Vor- und Nachteile bei solchen Vorschlägen: Ich neige immer dazu, zu sagen: Man hat Vertrauen in die sportliche Führung. Entweder sie können es, und man verlängert den Vertrag oder aber sie können es nicht, und man trennt sich.

Auch die Frage, ob ein Vorstandsmitglied des Vereins gleichzeitig Geschäftsführer der Arminia-GmbH und Co. KG sein darf, wurde öffentlich diskutiert. Was sagen Sie?Schwick: Ich neige dazu, unsere Satzungskommission noch einmal zu bitten, die Situation neu zu überdenken und uns eine erneute Empfehlung zu geben. Ein Schatzmeister, der nicht hauptberuflich tätig wäre, hätte einen sehr zeitintensiven Job, der unter anderem die Themen Stadionausbau und Trainingsgelände umfassen würde. Ob ein Ehrenamtler bereit wäre, so viele Stunden für den Verein aufzubringen, weiß ich nicht. Ich sehe gute Argumente, auch künftig zu sagen: 'Wir wissen, dass Personenidentität von Schatzmeister und Geschäftsführer besteht, aufgrund der wirtschaftlichen Einheit zwischen Verein und Kapitalgesellschaft wollen wir es als kleiner Verein bewusst so belassen'.

Überraschend war auch, dass ein Verein, der sich langfristig in der ersten Liga etablieren will, den Vertrag mit dem sportlichen Geschäftsführer nur für ein Jahr verlängert...Schwick: Das widerspricht sich nicht. Ich schließe nicht aus, dass Thomas von Heesen in drei oder vier Jahren noch die gleiche Position innehat. Sein Vertrag hätte sich, wenn wir keine Kündigung ausgesprochen hätten, zu den gleichen Konditionen verlängert. Wir haben uns zu neuen Bedingungen verständigt und Erfolgskomponenten eingearbeitet. Deshalb haben wir erst einmal die Laufzeit von einem Jahr gewählt um zu sehen, wie sich das weiterentwickelt. Es ist kein weiterer Weg vorgezeichnet, der kurz- oder langfristig ist.

Zurück zu Ihnen: Verspüren Sie im 15. Präsidentenjahr Zeichen von Amtsmüdigkeit?Schwick: Fußball ist Emotion und Leidenschaft. Ich habe blaues Blut in den Adern, gehe seit 1954 auf die Alm und in die SchücoArena. Ich habe mich dem Fußball verschrieben, und da ist sehr viel Herzblut drin. Mich für Arminia zu engagieren, macht mich nicht müde.

Der Verein, dem Sie sich verschrieben haben, feiert am 3. Mai sein 100-Jähriges. Welchen Geburtstagswunsch haben Sie?Schwick: Erstmal wünsche ich den Mitgliedern, Fans und Sponsoren, dass wir ein tolles Jahr 2005 haben, uns in der Liga etablieren und vielleicht auch ein bisschen Pokalgeschichte schreiben können. Ich wünsche mir einfach die Stabilität die Arminia braucht, um Imageträger Nummer 1 dieser Stadt und dieser Region zu sein. Das heißt einfach, die Liga zu erhalten. Wenn wir das schaffen, haben wir viel erreicht.

Wird es neben dem musikalischen Gratulanten Elton John auch einen sportlichen geben?Schwick: Ich habe mal scherzhaft gesagt: Es gibt nur zwei, die in Betracht kommen - entweder Real Madrid oder Preußen Münster. Ich bin sicher, dass wir einen attraktiven Gegner finden werden, daran arbeiten wir mit Hochdruck. Aber Real bestreitet meines Wissens in Europa überhaupt keine Freundschaftsspiele. Also wird sich der sportliche Teil des Jubiläums irgendwo zwischen Madrid und Münster einpendeln.

Artikel vom 08.01.2005