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Angehörige suchen im Internet

Viele private Initiativen - »Möglichkeit, selbst aktiv zu werden«

Hamburg (dpa). Hannes Bergström aus Schweden ist das beste Beispiel dafür, wie das Internet bei der Vermisstensuche nach der Flutkatastrophe in Südasien helfen kann.

Touristen haben den zweijährigen Jungen aus Schweden in der Nähe des thailändischen Touristenortes Khao Lak auf einer Straße aufgelesen. Das Krankenhaus stellte ein Bild des Kleinen ins Internet - und ein Onkel in Göteborg erkannte seinen Neffen. Nicht nur wussten die Ärzte nun, mit wem sie es zu tun hatten. Sie konnten auch Vater und Großvater des Jungen ausfindig machen - beide liegen in thailändischen Hospitälern.
Telefonisch an Informationen aus der Krisenregion zu kommen, ist nahezu unmöglich, denn das Telefonnetz ist oft komplett zusammengebrochen. Nur die Bilder im Fernsehen anzuschauen und Informationen aus den Medien zu bekommen, reicht Angehörigen und Freunden derer, die in Südasien vermisst sind, meist nicht. »Mit Hilfe des Internets kann man selbst handeln«, sagt Birgit Grund, Psychotherapeutin aus Hamburg und regelmäßige Thailand-Urlauberin.
Sie selbst sucht nach fünf Bekannten in der Region um Khao Lak, um die sie sich sorgt. Das Internet hilft ihr dabei, konkrete Informationen zu bekommen. »So fängt man nicht an, sich in Fantasien hineinzusteigern«, sagt sie. Seitdem Beginn der Katastrophe am zweiten Weihnachtstag sind zahlreiche Seiten ins Internet gestellt worden, mit denen versucht wird, die unzähligen Informationen zu bündeln.
Der Informatiker Stefan Oberrieder aus München hat mit einigen Freunden zusammen die Domain asienfluthilfe.de eintragen lassen. Die Seiten sollen Angehörigen der Opfer helfen, Informationen und Auskunftstellen in Deutschland und vor Ort zu finden, und bietet dafür zahlreiche Links an. »Wir durchforsten das Internet ununterbrochen nach Informationen«, sagt der 28-Jährige. In einem Forum können sich Betroffene austauschen, viele loggen sich ein, um die Bilder aus Südasien besser verarbeiten zu können.
Auch Erfolgsmeldungen verbuchen die fünf Ehrenamtlichen in München: »Wir haben schon ein paar Dankesmails bekommen, in denen Leute berichten, dass sie ihre Angehörigen wiedergefunden haben.« Mehr als 5000 Zugriffe hat die Seiten an einem Tag gezählt, bisweilen muss sie sogar für kurze Zeit geschlossen werden, weil der private Server überlastet ist.
Neben privaten Initiativen haben das Auswärtige Amt (www.auswaertiges-amt.de) und die Hilfsorganisationen ihre Internetauftritte erweitert. So kann beim Deutschen Roten Kreuz (DRK) eine Suchanfrage eingegeben werden (www.icrc.org). Großen Andrang verzeichnet das private Internetsuchportal Fluthilfe-Deutschland (www.fluthilfe-deutschland.de). »Weltweit sind innerhalb weniger Tage über 148 Millionen Seiten aufgerufen worden«, sagte die Initiatorin Dagmar Sall-May gestern in Duisburg. Die Zahl der Nutzer, die jeweils zahlreiche Seiten durchkämmten, liege bei mehreren Millionen.
Patienten- und Opferlisten haben die thailändischen Behörden und Krankenhäuser ins Netz gestellt. Sie sind unter anderem zu erreichen unter csiphuket.com oder missingpersons.or.th. Suchdienste in Thailand finden sich zudem auf den Seiten thaitsunami.com, khaolakguide.de oder dinsormai.com. Auch die thailändische Tourismusbehörde TAT hält weitere Informationen und Anlaufstellen auf ihren Webseiten (www.tatnews.org/crisis/2381.asp) bereit.
Suchdienste und Foren zum Austausch bieten auch deutsche und internationale Medien an. So nimmt die Deutsche Welle (www.dw-online.de) in Bonn die Namen von vermissten Angehörigen entgegen und sucht über ihr Asien-Programm nach ihnen. Auch die englische BBC (www.bbc.co.uk) hat mehrere Internet-Foren eingerichtet.

Artikel vom 04.01.2005