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Partner am Ort stehen
für jeden Euro ein

Deutsche Hilfsorganisationen nutzen ihre Netzwerke

Von Jürgen Hein
Köln (dpa). Wie wird aus einer Bargeld- oder Online-Spende für ein Hilfswerk in Deutschland ein Satz Decken für eine obdachlose Fischerfamilie an der Küste Sri Lankas? Das fragen sich Millionen hilfsbereite Deutsche, die die Opfer der unvorstellbaren Flutkatastrophe in Asien unterstützen wollen.

»Wir fahren nicht jetzt erst hin und schauen, was gebraucht wird, sondern wir helfen dort, wo wir ohnehin schon seit langem vor Ort sind«, sagt Marion Aberle von der Deutschen Welthungerhilfe.
Das gilt ähnlich für die anderen Hilfswerke, sei es das Deutsche Rote Kreuz DRK, das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen UNICEF, das Netzwerk Aktion Deutschland Hilft, die Diakonie oder die Caritas: Die Organisationen nutzen ihre Netzwerke, die sie zum Teil in Jahrzehnte langer Arbeit aufgebaut haben. »Unsere Partner in Indien zum Beispiel können sofort reagieren. Sie haben Notfallpläne ausgearbeitet und wissen, wo die Hilfe am dringendsten gebraucht wird«, sagt Ute Dilg vom Diakonischen Werk.
Die Welthungerhilfe vertraut zum Beispiel in Sri Lanka auf ihren Partner Sewa Lanka, der seit langem für Kriegsflüchtlinge arbeitet. Die Organisation genießt das Vertrauen sowohl der Regierung als auch der »Befreiungstiger von Tamil Eelam«, die schwer betroffene Gebiete der tamilischen Minderheit kontrollieren. Nur mit einem solchen Partner sei es möglich, in politisch schwierigen Regionen rasch zu helfen, sagt Aberle.
»Die Hilfe fängt nicht erst an, wenn die Flugzeuge mit den weißen Experten landen. Das meiste wird lokal getan«, sagt Matthias Schüth von Caritas International. Die regionalen Caritasverbände und lokale Hilfsorganisationen melden den Bedarf. »Das Entscheidende ist, wie man das umsetzen kann. Waren zu beschaffen ist keine Kunst. Sie zu den Notleidenden zu bringen, darum geht es«, sagt Schüth.
Schweres technisches Spezialgerät wie die dringend benötigten Wasseraufbereitungsanlagen des Technischen Hilfswerks oder des DRK werden eingeflogen. Die große Masse der Nothilfe wie Decken, Medikamente oder Nahrungsmittel kommt aber nicht aus Deutschland. Der Transport wäre teurer als die Güter. Vielmehr werden sie vor Ort mit Hilfe der Spendengelder - zum Beispiel aus Deutschland - gekauft. Das gilt genauso für den Wiederaufbau von Häusern oder den Kauf von Booten und Saatgut, damit sich die Fischer und Bauern eine neue Existenz aufbauen können.
Bei der Vielzahl der Hilfsorganisationen kann es passieren, dass sich die Unterstützung in einem Gebiet ballt, während Opfer in anderen Regionen nicht versorgt werden. »Die Zeiten, dass man völlig aneinander vorbei arbeitet, sind aber vorbei«, sagt Astrid Prange von UNICEF. Die Organisationen koordinierten ihre Einsätze vor Ort.
UNICEF selbst hat sein eigenes Netzwerk, wie auch das DRK und die meisten anderen. Die internationalen Gesellschaften von Rotem Kreuz und Rotem Halbmond sammeln die Bedarfsmeldungen vor Ort und ermitteln dann, welche Organisation ihn am besten decken kann. So kam die Aufforderung, Trinkwasser aufzubereiten, an das Deutsche Rote Kreuz.
Entscheidend bleibt aber nach Aussage aller Hilfswerke die Arbeit der Partner vor Ort. Das sind oft einheimische Hilfsorganisationen. »Die sind absolut vertrauenswürdig«, versichert Dilg für das Diakonische Werk. Sie müssen Berichte vorlegen und für jeden Euro einstehen, den sie ausgeben.

Artikel vom 31.12.2004