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Dax legt 2004 um sieben Prozent zu

Nur fünf Unternehmen gehen an die Börse - » Lust auf Aktien ist noch nicht groß genug«

Frankfurt (dpa). In die Geschichtsbücher wird das Börsenjahr 2004 wohl nicht eingehen. Zwar berappelte sich der Aktienindex Dax mit den 30 größten börsennotierten Unternehmen in den vergangenen Wochen und hielt sich dauerhaft über der psychologisch wichtigen Marke von 4000 Punkten. Doch die »Jahresendrallye«, die Analysten regelmäßig jeden November und Dezember beschwören, fiel nicht gerade üppig aus.
Am Donnerstag beendete der deutsche Leitindex das Handelsjahr bei 4256 Punkten, immerhin ein Plus von 7,34 Prozent im Vergleich zum Jahresende 2003. Damals hatte der Index bei 3965 Zählern geschlossen, was immerhin einen Jahreszugewinn von 37 Prozent bedeutete.
Noch größer war die Enttäuschung bei den Börsengängen. Während am Anfang des Jahres noch von Dutzenden Neuemissionen die Rede war, wagten am Ende nur ganze fünf Unternehmen den Schritt aufs Parkett. Es bleibt die Hoffnung, dass 2005 neuen Schwung in die Märkte bringt.
Über das ganze Jahr gesehen pendelte der Dax zwischen 3619 und 4250 Punkten, wobei der Tiefststand im August erreicht wurde. »Es war die geringste Schwankungsbreite seit 1994«, erläutert Analyst Werner Bader von der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW). »Die Lust auf Aktien ist noch nicht groß genug«. Institutionelle Investoren wie zum Beispiel Versicherungen würden sich teilweise sogar noch vorsichtiger als Privatanleger verhalten.
Zu wünschen wäre, dass im kommenden Jahr mehr Bewegung in die Aktienlandschaft kommt und ein Aufwärtstrend auch mal einige Monate anhält. »Es gibt aber genügend Risikofaktoren - vielleicht auch solche, mit denen wir heute gar nicht rechnen«, meint Bader. Die größte Bremse wäre ein Dollar-Crash, aber auch unangenehme Überraschungen bei der Entwicklung der Konjunktur und des Ölpreises könnten die Börsen verunsichern.
Der Gang an die Börse (Initial Public Offering/IPO), um sich neues Kapital zu beschaffen, hat sich 2004 noch nicht wieder zum Trend bei deutschen Unternehmen entwickelt. Mehrere Platzierungen wurden in letzter Minute abgesagt. Immerhin glückte den Mitteldeutschen Fahrradwerken aus Sangerhausen (Sachsen-Anhalt) im Mai die erste Neuemission seit November 2002. Allerdings war dies einer von drei Mini-Börsengängen, lediglich der Geldautomaten-Hersteller Wincor Nixdorf und die Postbank brachten es auf ein stattliches Emissionsvolumen.
Der IPO der Post-Tochter, der eigentlich Nachahmer anlocken sollte, erwies sich angesichts des Gezerres um einen möglichen Einstieg der Deutschen Bank dann eher als abschreckendes Beispiel. Die Postbank- Aktionäre selbst dürften aber zufrieden sein: Das Papier legte seit der Erstnotiz am 23. Juni um 13 Prozent zu.
Mehr Börsengänge sind nach Ansicht von Franz-Josef Leven, Experte beim Deutschen Aktieninstitut, wichtig für das Investitionsklima: »Jeder IPO ist eine gute Nachricht und hat Signalfunktion.« Derzeit würde aber ein Wirrwarr von Gesetzesinitiativen zum Anlegerschutz oder zur Managerhaftung die Firmen verunsichern. »Die Unternehmen wissen nicht, wie die Rechtslage in einem halben Jahr aussehen wird - das hält manche von einem Börsengang ab«, glaubt Leven.
Für ein bisschen Spannung sorgt derzeit die Deutsche Börse selbst. Sie will nämlich die berühmte London Stock Exchange (LSE), den Handelsplatz in der britischen Hauptstadt, übernehmen. Glückt dieses ehrgeizige, vor vier Jahren schon einmal gescheiterte Unterfangen, würde sie sich vermutlich umbenennen oder sogar ihre Zentrale nach London verlegen. Der Übernahmekampf interessiert auch die Anleger: Schließlich sind beide Börsen selbst an der Börse notiert.

Artikel vom 31.12.2004