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188 Tote nach Disco-Brand

Argentinien schockiert: Weitere 700 junge Leute verletzt - Staatstrauer

Buenos Aires (dpa). Bei der schwersten Brandkatastrophe in der Geschichte Argentiniens ist die Zahl der Toten in einer Discothek der Hauptstadt Buenos Aires gestern auf 188 gestiegen.

Bei der Tragödie waren in der Nacht zum Freitag zudem mehr als 700 Menschen verletzt worden. 54 von ihnen wurden am Sonntag noch auf Intensivstationen behandelt. Bis zu 6000 Menschen sollen in der für 1300 Besucher zugelassenen Discothek gefeiert haben.
Der für Sicherheit zuständige Minister der Stadt, Juan Carlos López, reichte seinen Rücktritt ein. Zuvor hatten 2500 aufgebrachte Angehörige und Hinterbliebene Bürgermeister Anibal Ibarra bei einer spontanen Demonstration Nachlässigkeit bei der Kontrolle vorgeworfen. Unter den Todesopfern befanden sich mehrere Kleinkinder, die von ihren Eltern für die Zeit des Konzerts in einem provisorischen Kinderhort in der Damentoilette des Lokals abgegeben worden waren.
Das Unglück war durch das Abbrennen von Feuerwerkskörpern während eines Rockkonzerts ausgelöst worden. Leicht brennbares Isoliermaterial aus Styropor und Plastiknetze unter der Decke zur Dekoration hatten in Windeseile Feuer gefangen und giftige Gase freigesetzt. Unter den meist jugendlichen Besuchern des Lokals brach Panik aus. Der einzige Notausgang war verbarrikadiert, und es gab keine Notbeleuchtung.
Während Sicherheitsbestimmungen in Argentinien auf dem Papier zwar ähnlich streng wie in Deutschland sind, ist die Kontrolle lasch. Der Menschenrechtsbeauftragte der Stadt sagte, die feuerpolizeiliche Zulassung des Lokals sei abgelaufen gewesen. Ibarra wies die Vorwürfe zurück.
Der Eigentümer der Discothek »Republica Cromagnon«, Omar Chabán, wurde festgenommen. Ihm werden Totschlag und Körperverletzung zur Last gelegt. Die Polizei habe außerdem drei Jugendliche identifiziert, die den Brand durch so genanntes Bengalisches Feuer vermutlich verursacht hätten. Es sei jedoch noch unklar, ob die drei unter den Opfern seien, hieß es weiter.
Die Betreiber der Discothek waren wegen Sicherheitsmängeln mehrfach von den Behörden gewarnt worden. Nachbarn erzählten dem argentinischen Fernsehen zudem, dass es in dem Tanzlokal nur wenige Tage vor der Tragödie zu ähnlichen Bränden gekommen sei, bei denen es aber keine Opfer gegeben habe. Am Abend der Katastrophe warnte sogar der Bandleader zu Beginn des Konzerts vor dem Abbrennen von Feuerwerk. Minuten später brannte die Decke.
Die Regierung von Präsident Néstor Kirchner ordnete eine dreitägige Staatstrauer an. Bundespräsident Horst Köhler schrieb in einem Kondolenzbrief an Kirchner, er habe mit Bestürzung von dem Unglück gehört. »Ich möchte Ihnen und den Familienangehörigen der Opfer, auch im Namen des deutschen Volkes, mein herzliches Beileid und Mitgefühl aussprechen.« Auch Papst Johannes Paul II. übermittelte sein Mitgefühl.

Artikel vom 03.01.2005