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Leitartikel
Wer hilft - und wer nicht

Jürgens, Lehmann
und Riad


Von Rolf Dressler
Jedenfalls aus der Sicht des deutschen Sänger-Superstars Udo Jürgens liegen die Dinge unumstößlich klar: Der lebensfrohe Unterhaltungskünstler holt sich die Erlösung schon zeitlebens »im irdischen Diesseits und nicht etwa erst im Jenseits« - und er ermuntert jedermann eindringlich dazu, es ihm und allen, die desselben Sinnes sind, gleichzutun. Denn: »die Religionen« unterschiedslos seien »eine einzige Katastrophe«.
Das verkündete Udo Jürgens anlässlich seines 70. Wiegenfestes soeben in einem Gespräch mit der »Süddeutschen Zeitung« vom 2. Januar 2005. Zu einem Bekenntnis ganz anderer Art indes möchte Kardinal Karl Lehmann, der Vorsitzende der Katholischen Deutschen Bischofskonferenz anregen und die Menschen gerade auch hier in Deutschland ermutigen. Zwar erstarrten und verstummten wir in Fassungslosigkeit vor der Frage, warum nur Gott eine solche Tragödie wie die des verheerenden Seebebens in Südost-Asien zulasse. Dennoch aber könne jeder Einzelne etwas tun, nämlich helfen, indem er die Gelegenheit ergreife, »sich zum Leben zu bekennen in Wort und Tat«.
Es ist sehr tröstlich, dass zwei so unterschiedliche Persönlichkeiten fast gleichen Lebensalters wie Udo Jürgens und Karl Lehmann zwei so grundverschiedene Gedankenanstöße geben - auch wenn dies offenbar eher zufällig geschieht, jedoch zu einem Zeitpunkt, da die apokalyptischen Bilder aus Fernost Minute für Minute um den Erdball laufen.
Natürlich machen derweil auch wieder die bekannten Kritikraster die Runde. Wie zum Beispiel:
Namentlich Deutschland helfe den betroffenen Anrainerländern am Indischen Ozean (angeblich) nur »völlig unzureichend»; überhaupt vernachlässige die deutsche Regierung (angeblich) ihre Verpflichtungen, hinreichende Entwicklungshilfe zu leisten; und schon in ganz normalen Zeiten raube der Massentourismus ungezählten Einheimischen in den Reise-Zielländern der Zweiten und Dritten Welt (angeblich) nicht nur Trinkwasser und Nahrungsmittel, sondern sogar die Lebensexistenz.
Auch jetzt sind sie also wieder zahlreich unterwegs, die Klischee-Trommler. Leider. Niemand aber verlangt beispielsweise von den gnadenlosen islamischen Petro-Feudalmonarchen Saudi-Arabiens einen gebührenden Beitrag für die Opfer der Flutkatastophe in Asien.
Ungerührt thronen sie genauso wie andere aberwitzig reiche Regime auf ihren Billionen Öl-Dollars und unermesslich hohen Goldvorräten, lassen, wie etwa die Saudi-Herrscher, abermillionen Arbeitslose und deren Familien in bitterster Armut darben, enthalten zig Millionen Billigst-Gastarbeitern selbst elementarste Rechte vor und schließen saudische Frauen völlig aus der Gesellschaft aus.
Nach Zehntausenden zählen wie zum Hohn auf all dies die gehätschelten Prinzen allein in den Sau- di-Dynastien. Für gleich zehn von ihnen orderte der Herr Papa erst unlängst zehn Rolls Royce. Man gönnt sich ja sonst nichts.
Seebeben, Flut- und andere Katastrophen hin oder her.

Artikel vom 03.01.2005