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Die Kilo-Kontrolleure

Skispringen: Neue Regel soll »Hungerkuren« verhindern

Oberstdorf (dpa). Die Last mit der eigenen Körperlast: Für Michael Uhrmann gehört bei der 53. Vierschanzentournee die Waage zum Reise-Gepäck. Doch die ständige Kilo-Kontrollen, die er selbst vornehmen muss, findet er nicht besonders lustig.

»Ich stehe täglich mehrfach auf dem Ding, damit ich nicht zu leicht werde und Gefahr laufe, disqualifiziert zu werden«, erzählt der BGS-Beamte, der nach dem Auftaktspringen der Tournee beim in Oberstdorf die letzte deutsche Hoffnung auf einen Vorderplatz in der Gesamtwertung ist. Als Achter konnte nur er als einziger die Erwartungen von Bundestrainer Peter Rohwein erfüllen.
Der vom Weltverband FIS vor der Saison eingeführte Body Mass Index (BMI), der das gnadenlose Abhungern der Springer verhindern soll, hat für Uhrmann Probleme zuhauf mit sich gebracht. »Ich musste bereits im Sommer vier Kilo zunehmen, um den Sommer-Grand-Prix mitmachen zu können. Permanent Essen fällt mir aber schwer. Ich habe mich immer damit leicht getan, leicht zu sein«, bemerkt der mittlerweile 65 kg schwere DSV-Adler.
Auch wenn man es ihm nie ansah, so war sein Körperfettwert doch immer am höchsten innerhalb der gesamten Mannschaft. »Wenn du nun futtern musst, obwohl du gar nicht so viel willst, ist das schon ganz schön kompliziert. Wenn jetzt die Frage steht, was willst du essen, muss ich immer sagen: Alles«, betont der Tournee-Siebte von 2003/2004.
Neben dem Essen war auch ein verstärktes Krafttraining von Nöten, denn die neuen Regeln erfordern weniger Fluggefühl, dafür mehr einen kräftigen Absprung. »Das hat zwei Seiten. Positiv ist allerdings, dass jetzt die von den Skandinaviern losgetretene Spirale des Dauer-Abnehmens beendet ist, die alle mitmachen mussten. Negativ dagegen ist, dass die Individualität der einzelnen Springer nicht mehr gefragt ist. Alle sollen etwas gleicher sein«, sieht Uhrmann Licht und Schatten in den FIS-Regularien.
Dass er dennoch auch bei den komplizierten Bedingungen mit permanentem Rückenwind in Oberstdorf bester deutscher Springer war, macht die Stimmungskanone im DSV-Team optimistisch. »Saisonhöhepunkt in diesem Winter ist die Weltmeisterschaft im Februar. Darauf arbeite ich hin«, sagt der Team-Olympiasieger vor dem zweiten Tournee-Auftritt am 1. Januar (13.45 Uhr/RTL) in Garmisch-Partenkirchen.
Das erste Flutlichtspringen in der Geschichte der Tournee hat RTL bis zu 5,35 Millionen Zuschauer beschert. Im Durchschnitt verfolgten 4,97 Millionen Fans den Finaldurchgang. Der Marktanteil lag laut RTL bei 23,8 Prozent und war damit deutlich schlechter als im Vorjahr, als das Finale 5,19 Millionen anlockte.

Artikel vom 31.12.2004