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Weitere Politiker mit »Zubrot«

Siemens-Gehalt an stellvertretende FDP-Landesvorsitzende Ulrike Flach

Wolfsburg (dpa). Nach dem Rücktritt von CDU-Generalsekretär Laurenz Meyer werden immer neue Fälle von Gehaltszahlungen von Konzernen an Politiker bekannt. So hat die FDP-Bildungsexpertin und stellvertretende NRW-Landesvorsitzende Ulrike Flach neben den Bundestagsdiäten ein Zusatzgehalt von Siemens erhalten.
In Niedersachsen gerät unterdessen der SPD-Landtagsabgeordnete Ingolf Viereck wegen umstrittener Bezüge von Volkswagen zunehmend in Bedrängnis.
Flach erklärte am Donnerstag, als Übersetzerin habe sie bei Siemens 60 000 bis 62 000 Euro im Jahr verdient. Die Vorsitzende des Bundestagsausschusses für Bildung und Forschung bestätigte damit einen Bericht des Nachrichtenmagazins »Der Spiegel«. Flach ist seit 1998 Bundestagsabgeordnete. Der Vertrag werde vom 1. Januar 2005 an ruhen, sagte Flach. Darauf habe sie sich mit Siemens im November geeinigt. Flach ist nach eigenen Angaben seit 30 Jahren bei Siemens beschäftigt. Der Münchner Konzern bestätigte den Sachverhalt.
Flach erklärte weiter: »Wir sind zu der gemeinsamen Erkenntnis gekommen, den Vertrag wegen meiner intensiven politischen Belastung ruhen zu lassen.« Flach ist Technische Übersetzerin für Englisch und Italienisch bei der Siemens AG Power Generation in Mülheim an der Ruhr. Sie habe ihre Arbeit von zu Hause aus erledigt, bestätigte Flach. Ihre Tätigkeit für Siemens habe sie nie verheimlicht und stets alle geforderten Angaben gemacht. Ihr Vertrag entspreche auch den Regeln des Unternehmens für politische Mandatsträger. Der Entschluss, den Vertrag bei Siemens ruhen zu lassen, sei vor der Gehaltsaffäre des CDU-Politikers Hermann-Josef Arentz gefallen, sagte sie.
FDP-Landeschef Andreas Pinkwart sieht in der bisherigen Tätigkeit von Flach für Siemens kein rechtliches Problem. »Sie hat stets für Transparenz gesorgt«, sagte er. Er gehe davon aus, dass die Bezahlung angemessen war.
Im Falle von Ingolf Viereck, der auch Bürgermeister in Wolfsburg ist, wurden Zweifel an dessen Darstellung laut. Der im VW-Konzern bis Mitte 2004 für Sportförderung zuständige Manager Ekkehard Wesner widersprach Äußerungen Vierecks, er sei als Berater bei der Positionierung in der lokalen Sportförderung des Konzerns beschäftigt. »Herr Viereck ist mir als sportpolitischer Berater von VW nicht bekannt. Er hat immer nur als Repräsentant der Stadt gehandelt.« Der 42-Jährige hatte dagegen gesagt, er sei für VW beratend im Bereich der Sportförderung tätig.
Den beiden niedersächsischen SPD-Landtagsabgeordneten Hans-Hermann Wendhausen und Ingolf Viereck, die auf der Gehaltsliste von VW stehen, drohen nach einem Magazinbericht Rückforderungen von mehr als 100 000 Euro. »Wir sind verpflichtet, verbotene Zuwendungen zurückzufordern«, sagte Landtagspräsident Jürgen Gansäuer (CDU) dem Magazin »Focus«. Es bestünden Zweifel, ob die von VW gezahlten Gehälter den tatsächlichen Tätigkeiten der Abgeordneten entsprächen. Neben ihren Diäten in Höhe von 5403 Euro erhalten die Politiker von VW laut Presseberichten ein Monatsgehalt von 3000 Euro.
Der »Spiegel« berichtete, auch der niedersächsische SPD-Bundestagsabgeordnete Hans-Jürgen Uhl beziehe seit Jahren neben seinen Diäten ein Gehalt von VW. Er sei weiter als bezahlter Betriebsrat im Werk Wolfsburg tätig. Uhl sagte dem »Spiegel«, er beziehe ein monatliches Gehalt von Volkswagen. Über die Höhe wollte er nichts sagen.

Artikel vom 31.12.2004