04.01.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Kommen die Urlauber wieder?

Für Sri Lanka wird das Vertrauen der Touristen zur Schicksalfrage

Bentota (dpa). Michael Weyland wirkt unendlich müde, die Augen des deutschen Hotelmanagers sind rot gerändert. Die Spuren der Verwüstung sind kurz nach Neujahr noch sichtbar, doch schon bald soll das Lankan Princess in Bentota wieder für neue Gäste öffnen. Dann wird sich jene Frage stellen, die für viele Sri Lanker zur Schicksalsfrage werden wird: Werden die Touristen wieder in das einstige Urlaubsparadies kommen?
»Wir haben sehr viel Glück gehabt«, sagt Weyland, keiner seiner Gäste wurde bei der Katastrophe in Sri Lanka verletzt oder getötet. Die Urlauber aus Deutschland, Österreich und der Schweiz haben nach der Flutwelle gemeinsam mit dem Personal geputzt und aufgeräumt.
In den Hotelbroschüren im Taj Exotica in Bentota werden immer noch Windsurfen und Wasserski angeboten, am Hotelstrand liegen die Trümmer der Bambusschuppen, in denen vor kurzem noch Surfbretter auf Urlauber warteten. Man könne stattdessen auch einen Drink an der Poolbar genießen »und die unermüdlichen Wellen des Indischen Ozeans beobachten, wie sie aus dem Meer herein- und herauseilen«, rät das Hotel. Seit den tödlichen Wellen hatte niemand Zeit, den Text zu ändern - es gibt Wichtigeres zu tun.
Auf dem Weg von der Hauptstadt Colombo zu den Urlaubsorten sieht es noch aus wie im Kriegsgebiet. Ganze Siedlungen wurden dem Erdboden gleichgemacht. Verzweifelte Menschen wühlen in den Trümmern, wo einst ihr Haus stand. Wracks von Fischerbooten liegen neben der Straße, dort hat sie die Flutwelle hingespült, die alles wegriss, was ihr im Weg war. Kein Mensch schwimmt im Meer, das Tausenden den Tod brachte.
Am Strand von Bentota sind auch Cor de Wit und Tania Szado. Sie sind nach der Flutkatastrophe nicht abgereist. »Wir wollten den Leuten zeigen, dass wir nicht einfach so abhauen«, sagt de Wit, der als Dozent an der Universität Lübeck arbeitet. Tania Szado, Wissenschaftlerin in Cambridge, hatte Angst zu bleiben. »Aber wir konnten helfen«, sagt sie. Statt die Flucht zu ergreifen, räumten die Urlauber zusammen mit den Einheimischen den verwüsteten Strand vor ihrem Hotel auf.
Zu Silvester zündeten die beiden zusammen mit anderen Gästen ihres Hotels und dem Personal Kerzen am Strand an und gedachten der Toten. Man könne nicht sagen, dass der Urlaub Spaß gemacht habe, meint de Wit. »Aber zu sehen, wie Menschen zusammenrücken und wie man sich hilft - das ist ein Erlebnis, das ich nicht vergessen werde.« Er hofft, dass die Urlauber nach Sri Lanka zurückkehren - »schließlich ist das die Existenzgrundlage der Menschen hier.« Für die beiden ist jedenfalls klar: »Wir werden wieder hierher kommen.«
An die Sri Lanker denkt auch Weyland. »Ich bin nicht nur für 350 Mitarbeiter verantwortlich, sondern auch für die gut 4000 Menschen, die von ihren Gehältern leben«, sagt er. 48 Urlauber in seinem Hotel wollten nach der Katastrophe nicht abreisen. »Mit ihnen haben wir den Übergang in ein besseres Jahr gefeiert. Was heißt gefeiert - besinnlich begangen.« Für viele Mitarbeiter sei das ein Signal gewesen, dass sie nicht verlassen wurden. Weyland hofft, dass es kein trügerisches Zeichen war. »Wenn die Urlauber nicht wiederkommen, dann ist das Land erledigt«, sagt er.

Artikel vom 04.01.2005