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Jetzt ist fast jede Arbeit zumutbar

Auf die Bundesbürger kommen einschneidende Änderungen zu - Folge 3

Berlin (dpa). Auf die Bundesbürger kommen 2005 einschneidende Änderungen zu. Neben der Arbeitsmarktreform Hartz IV gibt es auch zahlreiche Änderungen in den Sozialversicherungen. Wichtige Neuerungen werden bei einigen Steuern wirksam. Lastwagenfahrer müssen erstmals flächendeckend Maut für die Fahrt auf Autobahnen entrichten. In drei Folgen die wichtigsten ÄnderungenFür Zahnersatz muss demnächst ein Extrabeitrag geleistet werden.
VERJÄHRUNG/ANLEGER Im Zuge der Schuldrechtsreform verjähren zum 31. Dezember deutlich mehr Forderungen als üblich, wenn Gläubiger nicht mehr handeln. Nach der 2002 in Kraft getretenen Gesetzesänderung wurde die regelmäßige Verjährungsfrist auf drei Jahre verkürzt. Nach altem Recht verjährten vertragliche Ansprüche bis auf Ausnahmen erst nach 30 Jahren. Für vor 2002 entstandene Zahlungsansprüche wurde eine Übergangsfrist bis Ende 2004 gewährt.

VERSICHERUNGEN Wer monatlich bis zu 3900 (bisher: 3862,50) Euro brutto verdient, muss sich in der gesetzlichen Kranken- und Pflegekasse versichern. Die Pflichtversicherungsgrenze liegt traditionell bei 75 Prozent der Beitragsbemessungsgrenze in der Rentenversicherung. Wer mehr verdient, kann freiwillig Kassenmitglied bleiben oder zu einer privaten Krankenversicherung wechseln.



HARTZ IV Darin werden Arbeitslosen- und Sozialhilfe zum »Arbeitslosengeld II« (ALG II) zusammengefasst. Die Leistung ist steuerfinanziert und wird an etwa drei Millionen Empfänger gezahlt. Im Westen liegt der Grundbetrag bei monatlich 345 Euro, im Osten bei 331 Euro. Für jedes Kind gibt es je nach Wohnort (Ost/West) und Alter 199 Euro bis 276 Euro. Dazu werden die Kosten für die Miete einer angemessenen Wohnung inklusive Heizkosten übernommen.

ZUMUTBARKEIT Wer Hilfe erhält, muss alles tun, um die Abhängigkeit von staatlicher Unterstützung so schnell wie möglich zu beenden. Die soziale Grundsicherung für Erwerbsfähige enthält keinen Berufsschutz. Deshalb ist generell jede Arbeit zumutbar. Die Regelung findet ihre Grenze bei sittenwidrigen Arbeiten. Als sittenwidrig gilt ein Lohn, der etwa 30 Prozent unter Branchenniveau liegt. Wer eine zumutbare Arbeit ablehnt, dem wird das Arbeitslosengeld II für drei Monate um etwa 100 Euro gekürzt. Dies gilt auch bei fehlender Eigeninitiative.

VERMITTLUNGSAKTIVITÄTEN der Bundesagentur für Arbeit sollen ausgebaut werden. Jeder ALG-II-Bezieher bekommt einen persönlichen Ansprechpartner (Fallmanager). Mit ihm wird eine verbindliche »Eingliederungsvereinbarung« erstellt. Darin werden alle Anforderungen an die Bemühungen des Hilfebedürftigen und alle Leistungen der Grundsicherung festgehalten. Ein Fallmanager soll mittelfristig nicht mehr als 75 Hilfebedürftige betreuen. Dieses Ziel wird aber zunächst nur für Arbeitslose unter 25 Jahren erreicht.

ZAHNERSATZ Ein neues Preissystem bringt Festzuschüsse für Kronen, Brücken oder ganzen Prothesen. Dieser Zuschuss beträgt 50 Prozent der Regelversorgung, also jener Behandlung, die medizinisch »in der Regel« als angemessen gilt. Der Zuschuss wird unabhängig davon bezahlt, ob man sich für eine preiswerte oder eine aufwändige Lösung entscheidet. Wer regelmäßig und nachweislich die Zähne kontrollieren lässt, bekommt statt der Hälfte der Regelversorgungs-Kosten 60 bis 65 Prozent erstattet. Zur Jahresmitte müssen die Mitglieder der gesetzlichen Kassen für den Zahnersatz einen Extrabeitrag von 0,4 Prozent ihres Bruttoeinkommens und von 0,5 Prozent für die Krankengeldversicherung leisten.
JUNGE MENSCHEN... ...unter 25 sollen »sofort in Arbeit oder Ausbildung vermittelt« werden. Wenn keine Arbeits- oder Ausbildungsplätze zur Verfügung stehen, sollen Praktika oder befristete Arbeiten angeboten werden, mit denen die beruflichen Fähigkeiten verbessert werden. Sollten Arbeitsangebote nicht angenommen werden, kann die Unterstützung im Gegenzug zeitweise ganz gestrichen werden.

ZUVERDIENSTMÖGLICHKEIT soll die Aufnahme einer Tätigkeit, und sei es ein Mini-Job oder ein Ein-Euro-Job, attraktiver machen. Wer arbeitet, hat mehr in der Tasche als der, der keine Eigeninitiative zeigt. Zudem gibt es die Möglichkeit eines Einstiegsgeldes (Lohnzuschuss), wenn die Bezahlung nicht zur Deckung des Lebensunterhalts ausreicht. Der Fallmanager entscheidet, ob ein solches Einstiegsgeld bezahlt wird.

EIN-EURO-JOBS Langzeitarbeitslose, die keine reguläre Arbeit finden, sollen künftig »Arbeitsgelegenheiten« angeboten bekommen und für diese gemeinnützigen Arbeiten pro Stunde ein bis zwei Euro Aufwandsentschädigung erhalten. Diese so genannten Ein-Euro-Jobs sollen vor allem von Kommunen und Wohlfahrtsverbänden geschaffen werden. Dieser Verdienst wird nicht auf das ALG II angerechnet. Wer einen Zusatzjob ausschlägt, muss mit Kürzungen beim ALG II rechnen. SCHLUSS

Artikel vom 04.01.2005