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Alkoholkonsum lässt sich steuern

Evangelischer Gemeindedienst bietet Kurse zum »Kontrollierten Trinken« an

Bielefeld (hu). Der Weg in die Abhängigkeit von Alkohol ist oft lang. Was mit einigen Gläsern Bier bei einer Feier begann, entwickelt sich dann über Jahre hinweg zu massivem Alkoholmissbrauch. Damit es nicht soweit kommen kann, bietet der Evangelische Gemeindedienst jetzt ein in Bielefeld einmaliges Seminar mit dem Titel »Kontrolliertes Trinken« an.

Ziel dabei ist es, weniger zu trinken und bewusst zu entscheiden, bei welcher Menge Schluss ist.
Gelegenheiten, Alkohol zu trinken, gibt es reichlich. Das Glas Wein in Gesellschaft, ein Drink zur Entspannung nach einen stressigen Tag, die Party am Wochenende. Was zunächst alltäglich und relativ harmlos ist, droht manchen Menschen zu entgleiten. Dann haben sie es immer weniger selbst in der Hand, stopp zu sagen. »Die richtigen Probleme fangen an, wenn man den Alkohol in bestimmten Situationen baucht«, erklärt Ulrich Oppel.
Der Diplompsychologe der Sucht- und Beratungsstelle des Ev. Gemeindedienstes betreut seit Jahren Alkoholabhängige und hat jetzt den neuen Kursus »Kontrolliertes Trinken« in Bielefeld ins Leben gerufen. Er will damit eine neue Zielgruppe erreichen. Denn für Menschen, die schon abhängig sind, ist das Seminar nicht gedacht. »Denen hilft nur der vollständige Verzicht auf Alkohol«, erläutert Oppel.
Das neue Angebot setzt dort an, wo es noch nicht soweit gekommen ist, die Betroffenen aber auf dem Weg in die Sucht sind und selbst spüren, dass mit ihrem Trinkverhalten etwas nicht stimmt. Als Richtwerte dafür, wieviel man ohne Probleme trinken kann, nennt der Psychologe 30 Gramm Alkohol für Männer - das entspricht etwa eineinhalb großen Gläsern Bier - und 20 Gramm für Frauen pro Tag. Von da an schädigt der Alkohol den Körper und kann auch eine psychische Abhängigkeit entstehen.
Gründe zum Trinken gibt es dann genug, erklärt Ulrich Oppel. »Stress am Arbeitsplatz, Ärger in der Familie, Konflikte, Einsamkeit oder Traurigkeit lassen zum Alkohol greifen, der als Problemlöser funktionieren soll, es aber natürlich nicht ist.« Vorteil des Kurses ist die niedrigere Hemmschwelle. Denn niemand, der daran teilnehmen möchte, muss von sich sagen, er sei süchtig. »Und er muss nicht volllständig auf Alkohol verzichten«, betont Oppel.
Statt dessen lernen die Teilnehmer an zehn Terminen einmal wöchentlich, wie sie bewusster und selbstbestimmter mit ihrem Alkoholkonsum umgehen können und ihn dabei reduzieren. Am Anfang steht erst einmal eine Bestandsaufnahme, wieviel und wann man trinkt.
Und auch im weiteren Verlauf spielt ein Trinktagebuch eine wichtige Rolle. »Dann geht es darum, Ziele festzulegen und sich auf Situationen, bei denen Alkohol im Spiel ist, gezielt vorzubereiten», sagt Oppel. Wer sich abends also mit Freunden trifft und weiß, dass dann Bier oder Wein auf den Tisch kommen, sollte sich vorher überlegen, wieviel er trinken möchte - und wie er ablehnt, wenn er das nächste Glas angeboten bekommt.
Das erfordert ein gehöriges Maß an Disziplin, betont der Psychologe. Doch die meisten, die an dem Kursus teilnehmen, haben ihr Problem erkannt und bringen auch die Entschlossenheit mit, etwas daran zu ändern. Bis dahin haben sie aber oft schon eine längere »Karriere« hinter sich. Denn meist haben sie schon in ganz jungen Jahren angefangen, Alkohol zu trinken und den hohen Konsum lange zur Gewohnheit gehabt.
Bezahlt werden muss der Kursus, den es als Einzel- oder Gruppenseminar gibt, aus eigener Tasche; manche Krankenkassen geben Zuschüsse. Weitere Informationen zu dem Angebot gibt Ulrich Oppel unter der Telefonnummer 801-27 47.

Artikel vom 06.01.2005