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Oft bleibt nur
Trauerarbeit
ohne Grab

Viele deutsche Opfer

Berlin (dpa). Mit aller Macht betrifft die Tragödie der Flutkatastrophe jetzt Deutschland. Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) sprach gestern nach seiner Teilnahme am Krisenstab des Auswärtigen Amtes von einer »deutlich dreistelligen Zahl« deutscher Opfer.
Bei seiner gemeinsamen Pressekonferenz mit Außenminister Joschka Fischer (Grüne) war dem Kanzler anzumerken, dass diese Zahlen vermutlich eher über 500 als darunter liegen werden. Wahrscheinlich wird nicht einmal ein Sarg nach Deutschland zurückkehren.
»Das Meer wird viele nicht mehr hergeben«, sagte der sichtlich bedrückte Außenminister. Angesichts der Hitze - »eigentlich strahlendes Urlaubswetter«, wie Fischer schilderte - werden die Katastrophenopfer sofort beigesetzt. Es ist zu vermuten, dass viele Angehörige der deutschen Opfer nur vage informiert sein werden, wo ihre Väter, Mütter oder Kinder, 10 000 Kilometer vom Wohnort entfernt, ihre letzte Ruhe fanden.
Auch Schröder, der seinen Familienurlaub in Hannover abgebrochen hatte, steht das Entsetzen ins Gesicht geschrieben. Im Krisenstab hat er furchtbare Dinge erfahren, die weit über die reinen Opferzahlen hinausgehen. Viele Schicksale auch der deutschen Opfer werden ungeklärt bleiben, weil sie entweder bereits in anonymen Massengräbern bestattet wurden oder unauffindbar sind.
Das menschliche Leid, »das jede Vorstellungskraft übersteigt«, wie der Kanzler betonte, sei unermesslich und letztlich auch unteilbar. 26 deutsche Staatsangehörige seien identifiziert und 1000 würden noch vermisst.
Mit Bundeswehrflugzeugen und Chartermaschinen werden unterdessen deutsche Urlauber aus den Katastrophengebieten abgeholt. Der ultramoderne Ambulanz-Airbus »MedEvac« sollte in der Nacht zu heute in Phuket in Thailand landen. Er soll Schwerverletzte ausfliegen - nicht nur Deutsche, sondern auch Touristen aus anderen europäischen Nationen.

Artikel vom 30.12.2004