29.12.2004 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Eine Jahrhundert-Katastrophe:
Jetzt müssen wir alle helfen!

l Mindestens 58 000 Tote l 40 000 Menschen vermisst l Viele deutsche Opfer

Neu Delhi/Jakarta/Berlin (dpa). Mindestens 58 000 Tote, zehntausende Vermisste und Millionen Menschen von Seuchen bedroht: Die Flutkatastrophe in Asien wird zu einer Tragödie von unvorstellbarem Ausmaß.

Auch für deutsche Urlauber sind die Folgen der Flutwellen dramatischer als zunächst angenommen. Möglicherweise kamen mehr als 100 Touristen ums Leben. »Wir müssen Schlimmes befürchten«, sagte Außenminister Joschka Fischer in Berlin. Er sprach von einer »Jahrhundert-Katastrophe«. Für Helfer aus aller Welt begann ein Wettlauf gegen die Zeit, um Überlebende mit Trinkwasser und Medikamenten zu versorgen.
In einem vorwiegend von Deutschen bewohnten Hotel in Thailand wurden mehr als 200 Tote befürchtet. Das Hotel »Magic Lagoon Khao Lak« 50 Kilometer nördlich von Phuket ist nach Rundfunkberichten »völlig zerstört«. Das ZDF berichtete, dass aus dem Untergeschoss des Hotels bereits 50 Leichen geborgen seien. Nach Angaben der Accor-Hotelkette besteht für gut 200 Gäste »leider sehr wenig Hoffnung.« 135 Touristen seien in Sicherheit gebracht worden. Die TUI berichtete von 80 vermissten Deutschen ebenfalls in Khao Lak. Der Reiseveranstalter Thomas Cook hat keinen Kontakt zu etwa 300 Gästen in der Region Phuket.
Man gehe von einer »dreistelligen Zahl« von vermissten Deutschen aus, sagte Fischer. Bundeskanzler Gerhard Schröder brach wegen der Katastrophe seinen Urlaub ab.
Trinkwasseranlagen und Medikamente, Nahrungsmittel und Decken, Suchtrupps mit Spürhunden - aus Deutschland läuft die Hilfe für die Opfer der Seebebenkatastrophe in Asien im großen Umfang an. Viele Hilfsorganisationen schickten deutsche Experten in die verwüsteten Küstenregionen von Indien, Sri Lanka und Thailand. Entscheidend für die rasche Hilfe sei aber der Einsatz der vielen einheimischen Mitarbeiter und Freiwilligen, mit denen sie zum Teil schon seit langem zusammenarbeiten, betonten die Hilfswerke.
Sauberes Wasser wird nach Aussage vieler Organisationen am dringendsten gebraucht. »Die Situation ist weit dramatischer als bisher angenommen. Es muss schnell gehandelt werden, sonst drohen Seuchen«, sagte Martin Baumann von der Deutschen Welthungerhilfe gestern in Sri Lanka. Er beschrieb Leichenberge und Massengräber in der Region um Mullaittivu im Norden des Landes.
Überall in der Katastrophenregion wurden Brunnen und Pumpen durch Schlamm unbrauchbar. Außerdem drang Salzwasser in Grund- und Quellwasser ein. Verseuchtes Wasser gilt als größte Gefahr für die Überlebenden, vor allem für Kinder. »Für die Kinder sind die nächsten Tage entscheidend«, sagte Carol Bellamy, die Direktorin des Kinderhilfswerks der Vereinten Nationen UNICEF.
Nach einer Lageerkundung durch drei Experten reisten 14 Helfer des deutschen Technischen Hilfswerks mit Wasseraufbereitungsanlagen nach Sri Lanka ab. Das THW-Team kann Trinkwasser für 20 000 Menschen aufbereiten.

Artikel vom 29.12.2004