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Tabulose Puppenkiste

US-Weltpolizei hängt an Marionettenfäden

»Team America« ist mit Sicherheit der erste Film, in dem Marionetten auf großer Kinoleinwand sich dem Suff hingeben und sich auch sonst nicht gerade vorbildhaft benehmen.

Aber da der Streifen von den Machern der ebenso kultigen wie tabulosen Zeichentrick-Serie »South Park« kommt, war so etwas zu erwarten: die durchgeknallte Puppenkiste »Team America: World Police« ist eine bissige, respektlose und lustige Satire, die alles und jeden verreißt: die Weltpolizei-Ambitionen der USA, deren liberale Kritiker wie Michael Moore und Hollywood-Klischees. Und: In Zeiten der Computeranimation, die alles möglich macht, wurde der Film auf altmodische Art aufwändig mit echten Marionetten gedreht.
Das »Team America« ist die amerikanische Weltpolizei. Aus ihrem Hauptquartier hinter den in Stein gemeißelten Präsidentenköpfen von Mount Rushmore gehen sie auf Terroristenjagd in aller Welt, mit blauäugiger imperialer Selbstverständlichkeit. Während in den »South Park«-Folgen noch der irakische Diktator Saddam Hussein gelegentlich als Bösewicht gastierte, zieht diesmal der nordkoreanische Staatschef Kim Jong Il die Strippen des Terrors. Und auch liberale Hollywood-Schauspieler wie Sean Penn, Tim Robbins oder Helen Hunt kommen als Terror-Unterstützer ziemlich schlecht weg.
Technisch war der Film eine echte Herausforderung. Jede Marionette hatte bis zu zehn Fäden, in großen Szenen waren 45 Puppenspieler gleichzeitig auf einem sechs Meter hohen Gerüst in einem komplexen Ballett vereint. Ihre Marionetten mussten laufen, kämpfen, schießen, küssen. Dabei trieben den Puppenspielern schon die scheinbar einfachsten Dinge den Schweiß auf die Stirn: Allein an der harmlosen Szene, in der die Helden einen Drink nehmen, wurde mehr als zwanzig Stunden lang gedreht. Dafür kommt der altmodische Charme der Augsburger Puppenkiste auf, wenn die Marionetten ungelenk in ein Auto plumpsen.

Artikel vom 30.12.2004