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»Diese Buchhandlung
ist ein echter Schatz«

Schildescher Traditionshaus Welscher in neue Hände

Von Michael Diekmann
und Carsten Borgmeier (Foto)
Bielefeld (WB). »Ein solches Juwel gilt es zu erhalten«, sagt Rudolf Kampeter. Der Bielefelder Spezialist für Betriebsberatung in Buchhandlungen setzt mit einer GmbH & Co. KG die Tradition der Buchhandlung Welscher in Schildesche fort. Vom 3. Januar an geht der Klassiker im Schatten der Stiftskirche in die nächste Runde.

Das wunderschöne Geschäft im gepflasterten Ortskern von Schildesche bedient alle Klischees, die echte Lesefreunde mit dem Begriff Buchhandlung verbinden: Deckenhohe Regale voller wertvoller Bücher, dazu eine Möblierung zum Verweilen bis hin zum Berberteppich auf den hölzernen Dielen und nicht zuletzt einen Buchhändler mit grauen Haaren und einem unendlichen Erfahrungsschatz. Dieser Mann heißt in unserem Fall Gerhard Welscher, ist 70 Jahre und wird von Januar an kürzer treten.
Welschers bewährte Mannschaft wird von der neuen Buchhandlung Gerhard Welscher Nachf. GmbH & Co. KG übernommen. Und kann fortan auch auf ein modernes Warenwirtschaftssystem zurückgreifen. Der Zeitgewinn durch die Unterstützung des Kollegen Computer, unterstreicht Kampeter, soll der Beratung des Kunden zukommen. In drei Monaten hatte die »Consult pro Beratungs- und Managementdienste GmbH« (Hauptgesellschafter Rudolf Kampeter), der Komplementär der Welscher GmbH & Co. KG, im Traditionsgeschäft ein Warensystem eingeführt und dafür viele Bücher elektronisch gelistet und mit Scanneretiketten versehen.
Die wahren Schätze von Gerhard und Ehefrau Gisela Welscher schlummern in den Regalen mit Kunstbänden oder Reiseliteratur. Selbst Museen fragen in Schildesche an, wenn es um seltene Titel bis zurück in die Sechziger Jahre geht, um Heimatspezialitäten oder seltene Fotobände. Gelistet waren sie bislang in Gerhard Welschers bewährtem Karteikastensystem, begehrt waren sie bei vielen Kunden, die weit aus dem Umland nach Schildesche kamen, um den Genuss des Bücherkaufs mit dem Stöbern, Klönen und Inspirieren verbinden. In der Zeit der Bücherkaufhäuser, weiß Rudolf Kampeter, hat Welscher eine Ausnahmestellung und stets gewonnen.
Die Geschichte des Unternehmens geht zurück bis 1875. Damals war die Papierwarenhandlung und Buchbinderei C. Tönsmann an der Stiftskirche gegründet worden. Tochter Elisabeth Zink führte das Geschäft in dem 1899 gebauten jetzigen Gebäude, An der Stiftskirche 14, weiter. Im Jahr 1960 übernahm es Gerhard Welscher. Der Buchhändler, der ab 1954 bei Pfeffer gelernt hatte, führte auch 1976 den umfangreichen Umbau durch, erweiterte die Ladenfläche 1982 ein zweites Mal, holte das Gründungsgeschäft im Nachbarhaus dazu.
Bei Vollsortimenter Welscher gibt es auch künftig neben umfangreicher Literatur für Kinder und Jugendliche jede Menge Taschenbücher, Spezialitäten in Theologie und Geschichte, aber auch Musikalien von der Flöte bis zum klassischen Notenblatt und eine Vielzahl klassischer Musik-CDs. Bis zum 3. Januar wird eifrig Inventur betrieben, dann öffnet Welscher mit alten Tugenden neu. Und die haben selbst Walter Kempowski, Leonie Ossowski oder Erich Loest kennengelernt - wenn sie zur Lesung im Schatten der Stiftskirche kamen.

Artikel vom 29.12.2004