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Freude an der jungen Generation

Maja Oetker wird 70 Jahre alt - Hoffnung auf »heitere Gelassenheit«

Von Manfred Matheisen
und Carsten Borgmeier (Foto)

Bielefeld (WB). Der Terminkalender von Maja Oetker ist nicht mehr ganz so prall gefüllt. Das bedeutet aber keineswegs, dass sie sich in den »Ruhestand« zurückzöge. Es gibt noch viel zu tun. In der Familie, als kenntnisreiche Beraterin in Stiftungen und Beiräten. Und wenn sie es für erforderlich hält, wird sie ihre Stimme erheben. »Arbeit«, hat sie einmal gesagt, »ist etwas Selbstverständliches - und die beste Freizeitgestaltung.« Am morgigen Donnerstag vollendet Maja Oetker ihr 70. Lebensjahr.
Nein, sagt sie, den Geburtstag empfinde sie nicht als etwas Besonderes. Allerdings, fügt sie nachdenklich hinzu, bei sieben Lebensjahrzehnten bleibe nicht mehr so viel Zeit, sei die Zukunft eingeschränkt. »Ich hoffe«, lächelt Maja Oetker, »dass ich den Zustand heiterer Gelassenheit erreichen werde.«
1934 wurde sie als Tochter eines Diplomingenieurs in Nürnberg geboren. Nach dem Abitur studierte sie Englisch und Französisch. Sie legte die Assessorenprüfung ab und ging nach New York. Hier lernte sie den Unternehmer Rudolf August Oetker kennen, den sie 1963 heiratete.
Mehr als 30 Jahre leitete die Mutter einer Tochter und zweier Söhne den Bielefelder Kinderschutzbund. 15 Jahre war sie als Gründungsmitglied der Bürgergemeinschaft in der Kommunalpolitik aktiv. Von 1992 bis 1994 repräsentierte sie Bielefeld als Bürgermeisterin. Für ihr ehrenamtliches Engagement verlieh ihr der damalige Bundespräsident Johannes Rau im Jahr 2002 das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse.
Die Familie ist der Lebensmittelpunkt der eleganten Frau, die ihre Anliegen mit intelligentem Charme, aber auch mit Kampfesmut und Beharrlichkeit vertritt. »Mit großem Vergnügen begleite ich die junge Generation«, sagt sie, »beobachte, wie sie die Probleme anpackt, freue mich über die positive Grundeinstellung«. Stolz ist sie auf ihren ersten Enkel Rudolf Vincenzo, Spross ihres Sohnes Alfred und dessen Ehefrau Principessa Elvira Grimaldi.
Was rät sie jungen Menschen, die sich auf ihren Weg machen? »Schaut euch genau an, mit wem ihr zusammenarbeiten wollt. Achtet auf Anständigkeit und Zuverlässigkeit.« Die gläubige Katholikin bekennt sich zu christlichen Werten. Und zu vermeintlich altmodischen wie Anstand, Ehrlichkeit, Zuverlässigkeit, Disziplin. Für Wehleidigkeit hat sie nichts übrig. Sie mag, wenn jemand über sich selbst lachen kann - und sie bewundert den tiefsinnigen Humor ihres Ehemannes Rudolf August.
Mit einer Portion Skepsis begegnet sie der Frage, was für sie Glück sei. »Das sind flüchtige Augenblicke oder Momente, etwa bei einer faszinierenden Operninszenierung. Viel wichtiger ist die Zufriedenheit, ist Harmonie, der Friede der Seele und des Herzens.« Sie ist zufrieden, wenn sie weiß, dass es den Menschen gut geht, die ihr nahe stehen. Wenn sie anderen helfen, ein Stück ihrer Last nehmen kann.
Den Abschied aus der Kommunalpolitik mit dem Ende der Legislaturperiode in diesem Jahr hat Frau Oetker bewusst vollzogen. »15 Jahre sind genug«. Sie habe sehr gern im Stadtrat für Bielefeld gearbeitet. Trotz aller parteipolitischer Gegensätze sei es eine Zeit guter Kollegialität gewesen: »Ich bin immer gern ins Rathaus gegangen.«
Auch wenn sie nun nicht mehr Sitz und Stimme im städtischen Parlament hat, beobachtet sie die Entwicklung der Stadt mit großer Aufmerksamkeit. Und sie wird nicht schweigen, wenn sie Probleme sieht, die nicht offensiv angegangen werden.
Aktuell bereitet Maja Oetker der ausufernde Antennenwald für den Mobilfunk-Empfang große Sorgen. »Niemand weiß, wie sehr die Menschen von dem Smog belastet werden, den die Funkwellen verursachen. Das macht mir Angst« Sie beklagt ungenügende Aufklärung der Mobilfunkbetreiber, erwartet, dass die Stadt sich aktiv bemüht, die Bürger zu informieren und zu beraten, wie sie sich schützen können. Und sie wundert sich darüber, dass sich die Grünen des Themas nicht annehmen. »Die Asbestbelastung war für sie eine Riesensache, beim Mobilfunk betreiben sie Vogel-Strauß-Politik.« Und im Übrigen, fragt sie, »muss es wirklich sein, dass heute beinah jedes Kind ein Handy hat?«

Artikel vom 29.12.2004