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Patient nach OP
in Lebensgefahr

Ermittlungen gegen Narkosearzt

Von Ernst-Wilhelm Pape
Detmold (WB). Die Staatsanwaltschaft Detmold hat gegen einen 50 Jahre alten Arzt aus Detmold ein Ermittlungsverfahren wegen fahrlässiger Körperverletzung eingeleitet.

Der Facharzt für Anästhesie wird nach Angaben von Oberstaatsanwalt Dieter Varnhold verdächtigt, bei neun chirurgischen Routine-Eingriffen ein verunreinigtes Narkosemittel eingesetzt zu haben.
Ein 19-jähriger Patient, der in Lebensgefahr schwebte, wird derzeit in einer Spezialklink in Hannover (Medizinische Hochschule) behandelt. Der Gesundheitszustand habe sich etwas stabilisiert, sagte Polizeisprecher Uwe Bauer gestern dieser Zeitung. Fünf weitere Patienten, Frauen und Männer, würden noch unter der Nachwirkung des Eingriffs leiden.
Die Bezirksregierung hat gestern angeordnet, dass die Zulassung (Approbation) des Anästhesisten ausgesetzt wird. Sofort nach Bekanntwerden der Fälle habe der Arzt sich bereits freiwillig bereit erklärt, zunächst nicht weiter zu praktizieren.
Die neun ambulanten Routineeingriffe wurden bereits am Montag, 20. Dezember in einer Praxis für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie in Detmold vorgenommen. Für die Narkose war der 50-jährige Arzt zuständig, der nicht zur Praxis gehört, sondern als Dienstleister für mehrere Praxen tätig war.
Einer der Patienten, ein 19-jähriger Lipper, wurde am Dienstag, 21. Dezember von seinem Vater in der gemeinsamen Wohnung bewusstlos gefunden und sofort ins Klinikum Lippe nach Lemgo gebracht. Aufgrund des lebensbedrohlichen Zustandes wurde er einen Tag später nach Hannover verlegt. In der Medizinischen Hochschule Hannover wurde dann festgestellt, dass der einer Vergiftung ähnelnde Krankheitsverlauf vermutlich auf eine Verunreinigung eines Narkosemittels bei dem Eingriff am Montag zurückzuführen war. Am 23. Dezember informierte die Klinik die Polizei, die unverzüglich die weiteren acht Patienten befragte, die mit dem gleichen Betäubungsmittel behandelt worden waren. Sie wurden vom Gesundheitsamt des Kreises Lippe aufgefordert, einen Arzt aufzusuchen. Der Anästhesist wurde ebenfalls am 23. Dezember von der Polizei befragt.
Nach Angaben von Polizeisprecher Bauer muss davon ausgegangen werden, dass durch fahrlässige Handhabung des Betäubungsmittels in der Praxis während der Narkose Keime übertragen wurden, die zu den schwerwiegenden Komplikationen geführt haben. Eine Verunreinigung des Narkosemittels während der Herstellung oder auf dem Lieferweg könne sicher ausgeschlossen werden. Manuela Morath, Sprecherin der Bezirksregierung Detmold: »Nach den Ermittlungen wurden Ampullen mehrfach befüllt, obwohl der Hersteller aus hygienischen Gründen lediglich eine einmalige Verwendung vorsieht.«

Artikel vom 28.12.2004